Benedict Cumberbatch: Der Herzbube im Talk

Der erfolgreiche Serien-"Sherlock" über seine Rollen - auch in Wien

von Benedict Cumberbatch © Bild: Getty/Winter

Seine Augen, schräg gestellt und von suggestivem Blaugrün, tun hypnotische Wirkung. Sie als sein wichtigstes künstlerisches Stilmittel zu betrachten, hat sich der britische Schauspieler Benedict Cumberbatch, 37, indes mehrfach verbeten. Denn nicht nur die Hysterie der weiblichen Klientel um den Mann mit der sonoren Stimme ist erheblich - auch seine Erfolge sind es. In der am 17. Jänner anlaufenden Sklaventreiber-Saga "12 Years a Slave“ spielt er das Scheusal so souverän wie die Rolle seines Lebens in der BBC-Serie "Sherlock“, deren neue Staffel soeben mit Riesenerfolg startete (der Ausstrahlungstermin hierzulande ist noch unbekannt). Vor dem exklusiven Interview im Berliner Hotel "Regent“ ahnen wir etwas von den Leiden eines noch dazu als Single ausgewiesenen Superstars: Eine Dame im Presseraum gibt sich beharrlich als Journalistin aus. Doch Cumberbatch glaubt sie als Stalkerin zu identifizieren, lästig auch bei unerbetenen Set-Erstürmungen.

NEWS: Hilft Ihnen die Herkunft aus einer Schauspielerfamilie, die lästigen Begleiterscheinungen des Ruhms zu ertragen?
Cumberbatch: Meine Familie bedeutet mir alles. Berufsbedingt war bei uns zu Hause immer viel Trubel, aber ich wurde auch mit Liebe überschüttet. Mein Vater machte mir nach einer Studentaufführung sogar das schönstmögliche Kompliment: "So gut wie du werde ich niemals sein.“ Man macht sich schnell Freunde in dieser Branche, aber nur die Familie hält dich auf dem Boden. Hilft, mit den verrückten Veränderungen umzugehen, die sich daraus ergeben, ein so genannter "Star“ zu sein.

NEWS: Was macht Ihren Sherlock so sexy?
Cumberbatch: Der Versuch, eine Figur für das 21. Jahrhundert zu kreieren, einen modernen Mann in moderner Zeit. Sein Geheimnis ist, allen anderen stets einen Schritt voraus zu sein. Und er hat Humor. So ist er ein Phänomen, das Generationen verbindet: Die Großeltern kennen ihn ebenso wie ihn die Kinder der Facebook-Generation neu entdecken. Das ist es, was ich an ihm liebe. Er ist ein Held für alle, die wie Sherlock ein bisschen ungewöhnlich sind, außerhalb der Norm stehen.

NEWS: Nun spielen Sie einen sklaventreiberischen Plantagenbesitzer. Setzen sie sich bei Negativ-Rollen Grenzen?
Cumberbatch: Nein. Das Wichtigste ist mir, nicht auf "Sherlock“ festgelegt zu werden. Die Mischung aus Helden, Bösewichtern und Antihelden macht es für mich aus. "12 Years a Slave“ ist brisant. Moderne Sklaverei existiert ja leider auch heute: Menschenhandel, Zwangsehen, Kinderarbeit. Auch die Tendenz westlicher Länder, Migranten als Sündenböcke für Probleme zu sehen, halte ich für gefährlich.

NEWS: Sie haben den Paparazzi beim "Sherlock“-Set ein Plakat entgegengehalten: "Fotografiert lieber Ägypten, zeigt der Welt Wichtiges.“ Worum ging es da?
Cumberbatch: Es war absurd: Das einzige, was diese Leute geleistet haben, war, Monate kreativer Arbeit unseres Teams zu ruinieren. Mit einem Schnappschuss! Der Dreh war ja top secret. Und das, während die ganze restliche Welt auf die Krise in Ägypten schaute. Guter Journalismus sieht anders aus. Er soll wichtige Wahrheiten transportieren. Mein Großonkel war übrigens im diplomatischen Dienst in Ägypten. Ich selbst war noch nie dort.

NEWS: Und waren Sie schon in Wien?
Cumberbatch: Ich gab als Student ein Gastspiel am "Vienna’s English Theatre“ mit einer Produktion aus Edinburgh. Ich spielte den George in "Kvech“, dem Meisterwerk von Steven Berkoff über jüdische Ängste. Wien ist für mich: großartige Architektur, fantastische Kunst, Schnee, Schnitzel, viele alte Damen in Pelzmänteln. Und natürlich die Sachertorte.

NEWS: Würden Sie mit Haneke arbeiten?
Cumberbatch: Sofort! Schlagen Sie mich doch bitte vor, gerne als verzweifelten Klavierspieler. Ich bin ein großer Bewunderer seiner Arbeit, kenne Hanekes gesamtes Werk. Er lotet die Abgründe des Menschlichen aus, erforscht die Extreme.

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