Eine Bank auf den Kopf gestellt

Der steinige Weg zu einer neuen Bank, die sich dem Gemeinwohl verschreibt

Obwohl auch erfolgreiche Unternehmer an das Projekt glauben, lässt die Bank für Gemeinwohl noch auf sich warten. Mastermind Christian Felber verspricht einen Start 2016.

von Fakten - Eine Bank auf den Kopf gestellt © Bild: © Corbis. All Rights Reserved.

Wann kommt jetzt endlich die neue Bank?' Das ist die erste Frage, die mir der Schaffner stellt, wenn ich im Zug bin. Erst danach fragt er mich nach dem Ticket", erzählt Christian Felber, Initiator der Gemeinwohlbank und bekannt aus Funk und Fernsehen. Als Globalisierungs- und Bankenkritiker hatte Felber Auftritte in österreichischen und deutschen Talkshows. Seit einiger Zeit hat er ein neues Projekt: Eine Bank soll entstehen, die dem Gemeinwohl geweiht sein wird.

Christian Felber
© Matt Observe Christian Felber

Der Weg dorthin ist steinig und weit. Felber räumt ein, dass einige Dinge sehr viel langsamer gelaufen sind als geplant. Der Traum vieler Menschen von einer neuen Bank bleibt vorerst noch ein Traum. Wenn alles gut geht, startet die Bank im nächsten Jahr. Nach drei sehr langsamen Jahren gehe es jetzt relativ zügig voran, sagt Felber. Dabei kann und will er sich einen Seitenhieb auf die Behörden nicht verkneifen: "Es ist etwas Unerhörtes, eine Genossenschaftsbank neu zu gründen, damit waren manche Institutionen gründlich herausgefordert." Obwohl Friedrich Wilhelm Raiffeisen bei der Gründung der nach ihm benannten Kassen es vor mehr als 150 Jahren ganz ähnlich formuliert habe: "Eine Genossenschaft ist nicht nur zum Wohl der Mitglieder da, sondern auch zum Wohl der Gesellschaft."

Warum braucht es dann überhaupt eine neue Bank in Österreich? "Der klar deklarierten Zielsetzung des Gemeinwohls sind die Raiffeisen-Prinzipien zwar sehr nahe", erklärt Felber. "Das Solidaritäts-, Subsidiaritäts-und Regionalitätsprinzip sind wichtige Bestandteile des Gemeinwohls. Aber der Begriff Gemeinwohl ist ein bisschen vollständiger und beinhaltet auch Nachhaltigkeit, Genderparität und die gerechte Verteilung über die gesamte Wirtschaft."

»Wir werden die Kundinnen und Kunden einladen, auf den Sparzins zu verzichten«

Was sperrig klingt, heißt konkret: Im Gegensatz zu den Raiffeisenkassen schüttet die Gemeinwohlbank aus Prinzip keine Dividenden aus. "Wir werden die Kundinnen und Kunden einladen, auf den Sparzins zu verzichten, indem wir zeigen, dass der Sparzins den meisten Menschen und der Allgemeinheit schadet", sagt Felber. "Das vielleicht markanteste Unterscheidungsmerkmal ist, dass wir jedes Kreditansuchen nicht nur auf die finanzielle Bonität hin überprüfen, sondern auch auf die ethischen Auswirkungen, in Gestalt einer sogenannten Gemeinwohlprüfung." Die Sparer geben ihr Geld also der Bank und verzichten auf Zinsen und Ausschüttungen. Das machen sie in der Hoffnung, dass die Bank mit ihren Geschäften etwas macht, was gut und sinnvoll ist.

Christian Felber
© Matt Observe Christian Felber

Wie ist der kleine Sparer dabei? "Keine Person darf sich mit mehr als 100.000 Euro beteiligen, damit wir nicht zu stark in den Einflussbereich einer Person kommen. Maximal 1.000 Anteile von je 100 Euro darf eine Person zeichnen. Minimum sind zwei Anteile", sagt Felber. Unterstützer haben Felber & Co jede Menge: Täglich werden 10.000 Newsletter versendet, und immer häufiger melden sich auch bekannte Namen zu Wort, um für eine neue, nachhaltige Bank einzutreten; unter ihnen Kabarettist Thomas Maurer, Sonnentor-Gründer Johannes Gutmann, Schokokönig Josef Zotter, Weinmeister Leo Hillinger, die Grünen-Mitbegründerin Freda Meissner-Blau und auch Ökonomen wie Max Otte und Stephan Schulmeister. Johannes Gutmann sagt: "Seit ich mein Unternehmen gegründet habe, bin ich in diese Richtung unterwegs. Nachhaltig wollen alle sein, aber nachvollziehbar nachhaltig sind wenige." Die Nachvollziehbarkeit sei auch die Basis der Gemeinwohlökonomie. "Die Gemeinwohlbank ist der nächste logische Schritt."

»Wir haben im unmittelbaren Umfeld die erste Million Euro gesammelt«

Einfach ist es nicht, eine Bank zu gründen. Die Gemeinwohlbank ist seit Dezember 2014 als Genossenschaft eingetragen und hat Anfang Mai einen Kapitalmarktprospekt veröffentlicht. Und sie hat auch schon Geld. "Wir haben im unmittelbaren Umfeld die erste Million Euro gesammelt und steuern in konzentrischen Kreisen auf unser Ziel von 15 Millionen Euro zu. Anfang 2016 wollen wir sechs Millionen Euro beisammenhaben, das ist die Voraussetzung dafür, dass wir bei der Finanzmarktaufsicht FMA die Banklizenz beantragen dürfen", sagt Felber und ist zuversichtlich, dass er noch 2016 die Lizenz bekommt: "Die Gesprächsbasis mit der FMA ist gut."

Sonnentor-Chef Gutmann ist mit 6.400 Euro dabei und sicher, dass genug Leute mitmachen werden. "Man muss sein Glück in die Hand nehmen", sagt der gewohnt optimistische Waldviertler. "Jeder Euro ist eine richtige Investition."

Auch Josef Zotter, Gründer und Chef der gleichnamigen steirischen Schokomanufaktur, die vor zwei Wochen ihre erste Filiale in Florida eröffnete, setzt auf die Gemeinwohlbank, "weil ich nachhaltige Themen, die gut sind, gerne unterstütze". Er hofft gleichzeitig, dass das Streben "nach mehr Gewinnmaximierung vielleicht abnimmt". Den Gemeinwohlgedanken in einem Unternehmen bedingungslos zu etablieren, sei momentan noch kritisch, aber "der Erfolg zeigt sich, wenn man einen Mittelweg wählt" - also auch nicht zu radikal ist. "Vermögen besser zu verteilen wird das Gebot des nächsten Jahrzehnts sein", ist der Steirer überzeugt. Und da passt die Gemeinwohlbank wie angegossen. Zotter hat 10.000 Euro eingezahlt.

»Bei allem Respekt, keiner hat ein Monopol auf Nachhaltigkeit«

Im Bankenverband der Wirtschaftskammer zollt man dem neuen Projekt Respekt. Obmann Franz Rudorfer sagt: "Nachhaltige Veranlagung ist per se immer gut. Aber, bei allem Respekt für dieses Bankprojekt, keiner hat ein Monopol auf Nachhaltigkeit." Alle 700 österreichischen Banken wirtschaften laut Rudorfer nachhaltig. Sie nähmen Unternehmen einen Teil des Risikos ab, indem sie ihnen Geld geben. Auch das sei letztendlich nachhaltig. Er verstehe, dass es nicht einfach sei, eine Bank zu gründen, stellt aber auch klar: "Es gibt gleiche Spielregeln für alle."

Der Zuspruch für die neue Gemeinwohlbank ist jedenfalls enorm, allein schon, weil das Image der Banker seit der Finanzkrise generell gelitten hat. Auch Rudorfer muss einräumen, dass es in Österreich eben nicht nur nachhaltige Banken gibt bzw. gegeben hat. Er spricht von einigen "schwarzen Schafen" - weil eine Hypo Alpe Adria mit dem Gedanken der Nachhaltigkeit wenig zu tun habe. Wichtig, so Rudorfer, sei es, das Vertrauen in die Banken wieder zu begründen.

Christian Felber
© Matt Observe Christian Felber

Felber und seine Gemeinwohlbank bauen gerade auf dieses verlorengegangene Vertrauen: "In Österreich leben acht Millionen Menschen. Selbst wenn nur ein Prozent in den nächsten Jahren auch nur einen Teil ihrer Geschäfte bei uns abwickeln würde, hätten wir ein Wachstum, das wir gar nicht verkraften könnten." Die Bank hat große Ziele: In den ersten zehn Jahren soll sich die Bilanzsumme in Richtung 100 Millionen Euro bewegen. Ihr Geschäft: Einlagen nehmen, Kredite und Zahlungsverkehr gewähren. Zockt die Bank auch? Die Kunden bekommen "kein spekulatives Produkt, auch nicht, wenn sie es verlangen. Wir machen keinen Wertpapierhandel und keine Derivategeschäfte", sagt Felber. Eine Bank, die nicht zockt, reiht sich in die Reihe der neuen "grünen Banken" ein.

Filialen der Gemeinwohlbank sind keine geplant, stattdessen soll es mobile Außendienstmitarbeiter geben. Einzige Ausnahme ist die bereits bestehende Niederlassung auf der Rechten Wienzeile 81, wo Felber schon jetzt zeigt, wie eine Bank 2051 funktionieren kann. Die Filiale ist Teil der vom Mak veranstalteten Vienna Biennale, die noch bis 4. Oktober läuft. Möge das Kunststück gelingen.

Kommentare

Finale.2 melden

Vorsicht! Die Bank für Gemeinwohl ist wohl mehr als ein Trojanisches Pferd. "Masterminds" Felber will die Abschaffung des individuellen Erbes, weil ebenfalls undemokratisch, die Protektion der Bank für Gemeinwohl auf Staatskosten und die Unterminierung des bestehenden Bankensystems! Frage: woher kennen wir solche Methoden? Intelligente Menschen sollten sich von dieser Intitiative distanzieren.

higgs70
higgs70 melden

Sie sind ein lustiges Kerlchen, "die Protektion der Bank auf Staatskosten" als hätt ma das nicht die letzten 8 Jahre schon gehabt und mit der Hypo noch weitere Jahrzehnte.

Ich finde die Idee nicht so schlecht.Und dass etwas schiefgehen kann, wird den Menschen hier mehr bewusst sein als in einer normalen Bank, wo auf endlose Renditeversprechen das pekuniäre Elend folgte und die Volksaktien vom Himmel krachten wie sonst nur die Sonne in Kärnten.Die anderen Banken haben wir schon genug gefüttert, ist wenigstens mal was anderes.

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