Schnelles Geld

Die Bank der Zukunft dreht sich um den digitalen Kunden und seine Bedürfnisse

Neulich im Supermarkt: Herbert Klein, 33, zieht an der Kassa seine Karte raus, und schon hat er bezahlt. Ohne Bargeld, ohne Pin. Bei Käufen unter 25 Euro ist das normal. Viele Menschen wenden dieses so genannte kontaktlose Zahlen immer öfter an, zeigt eine Studie des Marktforschungsinstitutes GfK. Das setzt sich beim Einkaufen von Gewand, Büchern, Möbeln oder Medikamenten fort. Herbert Klein hat seit Jahren keinen Bankberater mehr zu Gesicht bekommen, bezahlt alle seine Rechnungen via Onlinebanking und hat eigentlich keinen Grund, einer geschlossenen Bankfiliale nachzutrauern. Weil er nicht einmal mehr weiß, welche Filiale genau für ihn zuständig ist. Sein Handy ist mittlerweile auch seine Bankfiliale.

von Online-Banking © Bild: iStockphoto.com

Dieses Beispiel zeigt gleich mehrere Facetten der derzeitigen Bankenkrise: Die Kunden haben andere Bedürfnisse als noch vor ein paar Jahren, sie wollen unabhängig über ihre Geldflüsse entscheiden und nutzen dafür die Technik. Das bedeutet auch: Die Arbeit von Bankmitarbeitern ist eine andere geworden. In manchen Filialen bekamen die Mitarbeiter oft stundenlang keinen Kunden zu Gesicht. Verständlich, dass die Bankdirektoren die Reißleine ziehen und nicht mehr profitable Standorte schließen. Das kostet viele Mitarbeiter den Job. Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) rechnet damit, dass allein in den nächsten fünf Jahren ein Drittel der rund 75.000 Banken-Jobs verloren gehen. Genauso so rasant sank in den vergangenen Jahren die Anzahl der Filialen.

Spiel, Satz, Sieg

Wie konnte es so weit kommen? Nicht seit gestern hat die österreichische Bankenlandschaft schlichtweg zu viele Mitspieler. Einige davon haben sich in den vergangenen Jahren selbst aus dem Spiel genommen, etwa die Hypo Alpe Adria Group. Die Volksbanken haben ihr Organisationsmodell komplett verworfen und auf eine schlanke Struktur getrimmt. Die Erste Bank hat sich nach Schwierigkeiten in Ungarn nicht von ihrem Weg abbringen lassen und setzt etwa mit seinem Online-Banking "George" auf innovative Elemente, die gerade im Trend liegen und der Branche zu neuem Elan verhelfen sollen. Man spricht hier von Gamification, das seriöse Bankgeschäft wird spielerisch aufgelockert.

Franz Rudorfer, Geschäftsführer der Bundessparte Bank und Versicherung in der Wirtschaftskammer (WKO), sieht darin einen wichtigen Baustein: "Die Digitalisierung ist ein Synonym für geänderte Kundenbedürfnisse. Das Konto ist nicht mehr nur dazu da, den Zahlungsverkehr zu regeln, sondern dient auch zur Unterhaltung, man kauft beispielsweise Theaterkarten und so weiter."

Im Zuge dieser raschen und spielerischen Weitergabe von Geld via Netz machen sich neue Anbieter am Markt breit, so genannte Fintechs. Sie sorgen gewissermaßen für die Musik bei der Party. Häufig sind das kleine Softwareschmieden, die in ganz speziellen Nischen Produkte anbieten und auch sehr schnell wachsen können.

Pay Pal auf Siegeszug

Pay Pal ist ein Beispiel dafür, wie ein Start-up Banken Geschäft abnehmen und gleichzeitig den Kreislauf des Geldes beschleunigen kann. Pay Pal ist ein Online- Bezahlsystem, das Kunden zum Einkauf, Verkauf oder Senden von Geldbeträgen verwenden können, ohne jedes Mal Kreditkarten-oder Kontonummer angeben zu müssen. Kunden bezahlen so sicherer und Pay Pal hat mit dem System für Kleinbeträge seit der Gründung 1998 unglaubliche Wachstumsraten hingelegt.

Die neue Konkurrenz macht den herkömmlichen Banken zu schaffen. Fintechs brauchen keine Lizenzen, solange sie keine bankähnlichen Geschäfte betreiben. In Österreich kooperieren die meisten mit Banken. An den Banken vorbei bewegt sich mittlerweile auch ein großer Teil des Urgeschäfts der Banken: die klassische Unternehmensfinanzierung, neudeutsch als "Crowdfunding" bekannt.

Markt, Kampf, Krise

Warum tummeln sich plötzlich so viele neue Anbieter am Markt, wenn doch die Banken ohnehin so viele Probleme haben und in der Zeit von Niedrigzinsen kaum mehr Geld verdienen? Einerseits picken sich die neuen Player die Rosinen aus dem Kuchen, andererseits brauchen sie sich nicht an strenge Regeln zu halten. Vor allem aber ist das alles eine schlichte Rechnung: Die Nachfrage ist enorm, das Angebot oft überschaubar bzw. zu bürokratisch oder teuer. Viele Unternehmen suchen etwa nach günstigen Krediten und finden sie bei Fintechs statt bei Banken. Im Gespräch ist auch, dass Investmentfonds künftig Kredite vergeben könnten.

Und mitten drin plagt die Bankenbranche sich mit Zukunftsfragen.

Der Fall der Unicredit zeigt gleich in mehreren Facetten das derzeitige Problem aller Finanzinstitute. Filialen werden geschlossen, Jobs abgebaut. Und alles im Schatten der strengen europäischen Regeln, die man unter dem Begriff Bankenunion zusammenfassen kann. Diese sieht vor, dass Banken sich einen dicken Polster an Eigenkapital zurücklegen müssen. Außerdem müssen sie in den Einlagensicherungsund den Abwicklungsfonds einzahlen. Alles, um das Risiko einer Pleite zu verhindern.

Allein für österreichische Banken fällt mit der Bankensteuer und den Fonds zur Absicherung des Risikos pro Jahr ein zusätzlicher Rucksack von einer Milliarde Euro an. Das muss man erst einmal finanzieren. Die glänzenden Geschäfte im Osten haben jahrelang darüber hinweggetäuscht, dass die Geschäfte im Kernland Österreich schon lange nicht mehr florierten. Zu dicht ist der Bankenmarkt, zu stark die gegenseitige Konkurrenz.

Rucksack voll Gepäck

Ein zusätzlicher Rucksack sind alte Traditionen, die nicht so einfach abgeschafft werden konnten. Wer früher einen Lebensjob mit gutem Einkommen und ebenso hohem Ansehen haben wollte, ging in die Bank. Hinzu kamen Vorteile wie das 15. Monatsgehalt, von denen Mitarbeiter in anderen Branchen nur träumen konnten. Das gibt es nicht mehr. Gleichwohl hat die Unicredit immer noch fast 30 Prozent unkündbare Mitarbeiter. Das ist im Sparkassengesetz geregelt. Wer die Sparkassenprüfung abgelegt hat, gute Führung zeigte und ein Leumundszeugnis vorlegen konnte, bekam diese Definitivstellung - also praktisch alle.

Hinzu kommt eine weitere Anomalie von anno dazumal: Bis zum Eintrittsdatum 31.12.1996 hatten Mitarbeiter von CA, Schoellerbank und Länderbank, allesamt im Reich der späteren Bank Austria und nunmehrigen Unicredit aufgegangen, einen komfortablen Anspruch: Wer vom Arbeitgeber gekündigt wurde, hatte automatisch Anspruch auf Bezahlung eines Basisgehalts bis zur Pensionierung, das bis zu 60 Prozent des Letztgehalts ausmachen konnte. Und das auch dann, wenn der Gekündigte zu einem anderen Unternehmen wechselte; nur zu einer anderen Bank durfte er nicht gehen, dann erlosch dieses Recht auf Zuzahlung.

Erst seit 2014 haben Banken über Betriebsvereinbarungen geschafft, die Öffnungszeiten an den Schaltern halbwegs modernen Zeiten anzupassen. Vorher war um 15 Uhr Schluss, egal, was der Kunde wollte. Das alles kann keinen schlanken Fuß machen. Die starre Kostenstruktur drückt auf das Ergebnis der Banken. Vor allem aber macht die Niedrigzinspolitik der EZB den Instituten zu schaffen. Österreichs Banken sind im klassischen Brot-und-Butter-Geschäft tätig, sprich: im Einlagen-und Kreditgeschäft. Umso mehr drückt der niedrige Leitzins auf die Haupteinnahmequelle der Banken, die Zinsspanne ist minimal. Vergab eine Bank früher einen Kredit mit einer Verzinsung von 8 bis 9 Prozent, zahlte sie fürs Sparbuch 4 oder 5 Prozent, hatte sie immer noch eine Differenz von 4 oder 5 Prozentpunkten. Heute macht die Differenz zumeist nicht mehr als 0,75 Prozent aus.

Ein neues Geschäftsmodell muss her

Was nun? Kosten senken und neue Ertragsquellen finden, empfiehlt Felix Hufeld, Präsident der deutschen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen. Mit anderen Worten: Ein neues Geschäftsmodell muss her. Dabei können die Banken wieder von der Vergangenheit lernen. 1997 gründete die Bawag die Onlinetochter Easybank, Sonja Sarközi wurde deren Chefin: "Das war eine spannende Zeit. Wir haben uns von Beginn an nach den Bedürfnissen der Menschen orientiert. Heute sind wir die größte Direktbank mit dem Leistungsangebot einer Vollbank."

In ihrem Windschatten wurden weitere Online- und Direktbanken gegründet. Sie ließen vor allem mit kompetitiven Zinsen aufhorchen. Volksbank-Wien-Vorstand Wolfgang Schauer sagt: "Wir halten trotz des steigenden Onlinegeschäfts die Beratung für wichtig. Denn klar ist: Wenn sich der Kunde nicht gut beraten fühlt, wechselt er woanders hin. Das wollen wir ja nicht."

Im Gegensatz zu den "Normal"-Banken mit ihren vielen Mitarbeitern, Filialen und hohen Kosten können die Onlinebanken kostengünstiger agieren. Das spiegelt sich in den Zinsangeboten wider. Neukunden erhalten etwa bei der Hello Bank, die aus der französischen Großbank BNP Paribas hervorgegangen ist, einen garantierten Zinssatz von 1,3 Prozent auf ein halbes Jahr.

Bei länger gebundenen Sparformen haben andere Online-Banken die Nase vorne: Moneyou, eine Tochter der niederländischen Abn Amro, mit einem Zinssatz von 1,2 Prozent für ein halbes Jahr fix. Entscheidend sind nicht nur die Einstiegsbarrieren, sondern für manche Anleger auch die maximale Einlagesumme - also bis zu welchem Betrag das Konto aufgefüllt werden kann. Meist liegt dieser Betrag bei mehr als 100.000 Euro. Die Porsche Bank garantiert den Zinssatz bis zu einer Million Euro. Bankenskeptische Anleger sollten aber bedenken, was für Onlinebanken gleichermaßen wie für Normalbanken gilt: Bis zu 100.000 Euro sind die Spareinlagen durch die Einlagensicherung geschützt. Selbst wenn eine Bank pleite geht, sind bis zu 100.000 Euro jedenfalls gerettet. Daher sollte man größere Beträge auf mehrere Anbieter splitten.

Pro und Contra Online-Banken

Die schlankeren Kostenstrukturen sind auch an den anderen Konditionen abzulesen: Das Konto ist bei vielen Online-Banken mittlerweile gratis; trotzdem ist ein Onlinekonto nicht für alle geeignet: Wer ständig wechselnde Bedingungen am Konto hat, einen veränderten Überziehungsrahmen braucht oder mit Erlagscheinen bezahlt, könnte mit einem herkömmlichen Gehaltskonto günstiger davonkommen. Stark sind Online-Banken bei Wertpapierkäufen-Aktien, Fonds, Zertifikate; die Handelsspesen sind da zumeist günstiger als bei den Hausbanken. Und selbst Bausparen zeigt sich im Internet oft von der vorteilhaften Seite: Die Live Bank bietet Bausparern 2,5 Prozent fix auf ein Jahr.

Das sind zwar schöne Zuckerl, aber fix ist: Auch Onlinebanken sind mehr und mehr durch die Fintechs unter Druck. Von denen kann sich die Branche einiges abschauen. Peter Thiel, Gründer von Pay Pal, hat im November in Wien sein Erfolgsrezept erklärt: "Du musst den Leuten etwas Neues bieten." Wer nur etwas schon Dagewesenes kopiert, wird über kurz oder lang keinen Erfolg haben, ist Thiel überzeugt.

Kommentare

Liebe Fr. Mitterstieler, lieber Hr. Hell! Die easy bank war eine Idee Helmut Elsners mit großem finanziellem Erfolg. Heute, nach beinahe 20 Jahren, machen das viele nach. Nur Elsners Name wird nicht erwähnt, wenn es um seine Erfolge für die Bawag geht.
Diese Art Journalismus gefällt mir nicht - was Ihnen sicher wurscht sein wird.


Wir sind auf dem Weg zum BARGELDVERBOT gut "vorangekommen". Der "moderne", aber leider blöde Mensch, macht nicht nur mit, sondern fördert damit seinen eigenen finanziellen Untergang durch Totalkontrolle und bei Bedarf die totale Enteignung.
Jedem das Seine.


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