Schwarze Schafe raus?

Schweizer entscheiden über kriminelle Ausländer

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Fakten - Schwarze Schafe raus?

Noch simpler hätte man die Forderung kaum rüberbringen können: Ein weißes Schaf auf der roten Fahne mit dem Schweizer Kreuz befördert ein schwarzes Schaf mit einem kräftigen Hinterteil-Tritt nach draußen. "JA zur Ausschaffung krimineller Ausländer", steht auf Postern neben den beiden Schafen. Die rund fünf Millionen wahlberechtigten Eidgenossen sollen entscheiden: Sollen straffällig gewordene Nichtschweizer automatisch des Landes verwiesen werden? Raus mit den "schwarzen Schafen", ohne Wenn und Aber - und ohne dass Richter bei eventuellen Härtefällen eine Ausnahme verfügen dürften?

Härtestes Ausländergesetz Europas

Das wäre dann das härteste Ausländergesetz Europas. Was sich beinahe anhört wie ein Pegida-Slogan in Deutschland, kommt bei den Eidgenossen von der schon seit Jahren stärksten Partei des Landes. "Endlich Sicherheit schaffen!", fordert die rechtsnationale Schweizerische Volkspartei (SVP). Erst im vergangenen Oktober hat sie erneut Parlamentswahlen gewonnen. In der Berner Koalitionsregierung stellt sie zwei der sieben Minister.

Beim Volksentscheid über ihre sogenannte "Durchsetzungsinitiative" zur automatischen Ausweisung krimineller Ausländer könnte die SVP nun laut Meinungsumfragen erneut eine Mehrheit bekommen - wenngleich wohl nur eine sehr knappe. Nach den Vorstellungen der Rechtsnationalen sollen Ausländer bei schweren Verbrechen unabhängig vom Strafmaß sofort ihr Aufenthaltsrecht verlieren.

Diese Straftaten entscheiden

Dazu sollen neben Mord und Totschlag auch Drogenhandel und sexuelle Nötigung, aber auch schon Sozialmissbrauch zählen. Ebenfalls auszuweisen wären Wiederholungstäter bei leichteren Straftaten - darunter einfache Körperverletzung, Hausfriedensbruch oder Drohungen gegen Beamte.

Gilt auch für "Secondos"

Gelten soll das auch für in der Schweiz geborene und aufgewachsene Nachkommen von Einwanderern, die nicht die Schweizer Staatsbürgerschaft haben, sogenannte Secondos. Bisher können Richter in Härtefällen von Ausweisungen absehen. Mit der SVP-Initiative würden jedoch Einzelfallprüfungen und die Abwägung der Verhältnismäßigkeit einer Ausweisung weitgehend entfallen. Gegner der Initiative machen geltend, dass dies gegen europäische Rechtsgrundsätze verstoße, zu denen sich die Schweiz im Rahmen bilateraler Verträge mit der EU bekannt habe.

Angstmache als Methode

Allerdings hat im Abstimmungskampf der SVP das Angstmachen Methode. In einem kostenlosen "Extrablatt" schildert SVP-Präsident Toni Brunner die Lage so: "Viele Menschen, vor allem Frauen, aber auch ältere Menschen oder Jugendliche, haben Angst vor Gewalt und Verbrechen und trauen sich deshalb kaum mehr aus dem Haus oder meiden nach dem Eindunkeln bestimmte Straßenzüge oder ganze Quartiere!" Die Schuldigen stehen fest: "Die meisten der Gewaltverbrechen wie zum Beispiel Vergewaltigungen werden von Ausländern verübt!"

Starkes Gegen-Manifest

Die Schweiz, überflutet von kriminellen Fremden und gefährlicher als einst die Bronx? Wer das glaubt, kann der SVP-Initiative eigentlich nur zustimmen. Allerdings: Sämtliche anderen Parteien des Landes, die Grünen, die Sozial- und Christdemokraten ebenso wie die Bürgerlich-Liberalen, weisen die Forderung strikt zurück. 120 Rechtsprofessoren und mehr als 270 amtierende sowie einstige Abgeordnete haben ein Gegen-Manifest unterzeichnet.

Faktenchecks sollen aufklären

Und die Medien nehmen SVP-Argumente in "Faktenchecks" auseinander. Zum Beispiel die im Abstimmungskampf von der SVP vorgelegte Statistik, wonach die Zahl der verurteilten ausländischen Straftäter seit Mitte der 1980er Jahre von 14.000 auf inzwischen 57.000 pro Jahr gestiegen sei - im Vergleich zu 42.000 verurteilten Schweizern.

Diese Zahlen seien zwar an sich richtig, befand der Zürcher "Tages-Anzeiger". Jedoch hätten von den 2014 verurteilten 57.000 Ausländern lediglich 24.000 in der Schweiz gewohnt. "Die Mehrheit der Delikte wird von Ausländern begangen, die nicht zur Wohnbevölkerung gehören", konstatierte das Blatt. Abgesehen von der "eigenen" Ausländerkriminalität ist die Wohlstandsinsel Schweiz seit Jahren damit konfrontiert, dass Kriminelle aus Nachbarländern zu Raubzügen über die Grenzen kommen.

»Großteil der durch Ausländer begangenen Delikte wird durch Kriminaltouristen begangen«

"Ein Großteil der durch Ausländer begangenen Delikte wird durch Kriminaltouristen begangen", erklärt Stefan Egli vom "Komitee gegen die Durchsetzungsinitiative", dem 54 Nichtregierungsorganisationen angehören. "Einen Kriminaltouristen interessiert es nicht, ob er die Schweiz nicht mehr betreten darf, wenn er sowieso illegal und nur hier ist, um Einbrüche zu begehen." Die SVP-Initiative sei "nichts anderes als eine Scheinlösung mit gravierenden Nebenwirkungen".

Abschiebe-Automatismus wäre nicht revidierbar

Die schlimmste "Nebenwirkung" sehen Gegner darin, dass die SVP-Initiative im Falle der Annahme unmittelbar anzuwendendes Recht wäre. Weder das Parlament, noch die Gerichte könnten dann noch etwas am Abschiebe-Automatismus ändern. Davon wären zwar durch Bestimmungen der Schweizer Verfassung auch künftig Kriegsgebiete sowie Staaten ausgenommen, in denen Abgeschobenen Folter oder eine andere Art unmenschlicher Behandlung droht. Dennoch machen Gegner der Initiative grundsätzliche politische und rechtliche Bedenken geltend.

So erklärt der Bundesrichter Thomas Stadelmann, ein Volksentscheid, der Minderheits- und Individualrechte missachte oder gar beseitige, sei "nicht mit dem bisher geltenden Konzept der Schweizerischen Demokratie vereinbar". In einem viel beachteten Beitrag für die "Schweiz am Sonntag" erklärte der Richter am obersten Gericht der Eidgenossenschaft, am 28. Februar gehe es um weit mehr als um juristische Fragen der Verhältnismäßigkeit bei der Ausweisung krimineller Ausländer - nämlich um "nicht weniger als die Zukunft der Demokratie".

+++ AKTUELLES ZUR FLÜCHTLINGSPOLITIK +++

Polizei-Räumung an griechisch-mazedonischer Grenze. Nach der Schließung der mazedonischen Grenze für Flüchtlinge aus Afghanistan hat Griechenland mit der Räumung der Grenze begonnen. Am Grenzübergang Idomeni fuhren nach Polizeiangaben am Dienstag mindestens sieben Busse ab, die abgewiesene afghanische Flüchtlinge in die Hauptstadt Athen bringen sollten. Darunter waren demnach auch zahlreiche Familie.

Regierung verteidigt Vorgehen, Amnesty: "Regierung bricht Menschenrecht". Die Regierung hat die österreichische Linie in der Flüchtlingspolitik gegen Kritik aus Brüssel und Berlin verteidigt. Deutschlands Innenminister Thomas de Maiziere hatte die Zahl der maximal 3.200 täglich durch Österreich nach Deutschland durchreisenden Flüchtlinge als zu hoch kritisiert. Faymann bot ihm an, die Zahl der nach Deutschland durchreisenden Flüchtlinge selbst festzulegen.

"Wir sind in Österreich mit einer Regierung konfrontiert, die Menschenrechte verletzt, Gesetze aushöhlt, Völkerrecht bricht." So lautet der Befund von Heinz Patzelt, Generalsekretär von Amnesty International Österreich, über die gegenwärtige Bilanz der österreichischen Flüchtlingspolitik.

EU-Kommission kritisiert Balkankonferenz - "Sorge" über Alleingänge. "Wir sind besorgt, dass einige Mitgliedstaaten außerhalb des vereinbarten Rahmens handeln", sagte EU-Kommissionssprecherin Natasha Bertaud am Montag in Brüssel.

2016 bereits mehr als 100.000 auf Mittelmeer-Route. Knapp zwei Monate nach Jahresbeginn sind bereits mehr als 100.000 Flüchtlinge und Wirtschaftsmigranten über das Mittelmeer nach Europa gekommen. 2015 sei diese Zahl erst im Juli erreicht worden, teilte die Internationale Organisation für Migration (IOM) am Dienstag in Genf mit. Im Februar haben demnach bisher mehr als 26.000 Flüchtlinge und Migranten die griechische Grenze zu Mazedonien überquert.

Bis 100 zusätzliche Zöllner für Brenner-Kontrollen. Laut Schelling sollen die zusätzlichen Zöllner die Flüssigkeit des Lkw-Verkehrs sicherstellen. Auch zusätzliche Abfertigungsstellen seien möglich. Die Vorbereitungen für die Kontrollen an diesem Übergang werden fortgeführt, da weiter mit einem zusätzlichen Flüchtlingsstrom zu rechnen ist, erklärte Mikl-Leitner. Ihre Aufgabe als Innenministerin sei es, für Sicherheit und Ordnung zu sorgen, begründete sie. Aus Italien sei zugesichert worden, dass alle Bemühungen für den Aufbau der Hotspots und den Schutz der Außengrenze unternommen werden.

Montenegro stellt Schließung der Grenzen in den Raum. Montenegro wird seine Grenzen für die Flüchtlinge schließen, sollen die anderen Staaten auf der Balkanroute dies tun. Das kündigte Ministerpräsident Milo Djukanovic laut dem staatlichen TV-Sender RTCG an.

Gewalttätige Auseinandersetzung in Tirol. In einem Flüchtlingsheim in Innsbruck ist es in der Nacht auf Dienstag zu einer gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen einem 16-jährigen Algerier und einem 23-jährigen Marokkaner gekommen. Wie die Polizei mitteilte, schlug dabei der Marokkaner seinem Kontrahenten vermutlich mit einem Pflasterstein auf den Hinterkopf. Im Gegenzug habe der Algerier dem 23-Jährigen mehrere Faustschläge ins Gesicht versetzt. Die beiden jungen Männer erlitten bei der Auseinandersetzung Verletzungen im Kopf- und Gesichtsbereich. Sie wurden mit der Rettung in die Innsbrucker Klinik gebracht.

Slowenien schickt Armee an die Grenze. Nach Einführung der Flüchtlings-Obergrenze durch Österreich schickt nun Slowenien die Armee an die Grenze. Das Parlament in Ljubljana bewilligte am späten Montagabend den Einsatz, der zunächst für drei Monate gehen soll. Die Soldaten sollen dabei helfen, Migranten an der grünen Grenze abzufangen und in die Registrierungszentren zu bringen, sagte Regierungschef Miro Cerar.

Slowakei: Regierung erwartet starken Zustrom Die österreichischen Obergrenzen für Flüchtlinge werden dem slowakischen Ministerpräsidenten Roberto Fico zufolge zu einem Anstieg der Flüchtlingszahlen in seinem Land führen. Die geplante neue Politik der Regierung in Wien dürfte zur Folge haben, dass sich die Menschen andere Wege nach Deutschland suchen, die über die Slowakei führen, sagte Fico am Montag der Nachrichtenagentur Reuters.

Griechenland: Tausende Menschen in Piräus angekommen.Die Migranten hatten in den vergangenen Tagen aus der Türkei übergesetzt. Bereits am späten Montagabend waren mehr als 1.200 Migranten von diesen Inseln angekommen. Am Nachmittag wurde eine weitere Fähre mit 300 Migranten in Piräus erwartet. Das teilte die Küstenwache mit.