Welcher Arzt ist der richtige?

Wie man den besten Doktor findet und wann Alternativmedizin sinnvoll ist

Er ist Arzt aus Überzeugung, und das bleibt man auch in der Pension. Josef Walchshofer, Gastroenterologe aus Oberösterreich, hat sich im Unruhestand vorgenommen, Patienten zu beraten, die nicht mehr weiterwissen. Jemand, bei dem eine Behandlung nicht anschlägt oder der vor einer planbaren Operation eine zweite Meinung braucht, kann sich an Walchshofer wenden.

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Der durchforstet dann die Befunde und telefoniert herum - wenn es sein muss, bis an deutsche Unikliniken. Dann weiß er für gewöhnlich, wer der beste Arzt für diesen Fall ist oder ob eine Operation überhaupt notwendig ist. Das Ganze macht er ehrenamtlich und wundert sich, warum das nicht noch mehr pensionierte Kollegen machen.

"Man ist doch eigentlich moralisch dazu verpflichtet, weiter zu helfen. Nur auf Kreuzfahrtschiffen herumzuhängen ist doch auch fad. Pensionierte Kollegen haben noch dazu den Vorteil, dass sie niemandem mehr verpflichtet sind", sagt Walchshofer. Er rät Patienten, bei schwereren Erkrankungen oder Eingriffen unbedingt eine zweite Meinung einzuholen.

Wie man den richtigen Arzt dafür findet? "Im Bekanntenkreis herumfragen. Einen Arzt, dem man vertraut, er kann auch aus einem anderen Fachgebiet sein, fragen, ob er jemanden kennt. Wenn man einen Hausarzt hat, dem man voll vertraut, kann man seinem Rat folgen." Traurig findet er allerdings, dass viele Patienten erst gar nicht nach einer zweiten Meinung fragen wollen, aus Angst, ihren Arzt zu vergrämen, oder weil sie von ihrem Hausarzt nicht wirklich überzeugt sind.

Suche nach Dr. Right

Sogar Wolfgang Geppert, Allgemeinmediziner und Sprecher des Hausärzteverbandes, sagt klipp und klar: "Wenn es mit dem Hausarzt nicht hinhaut, muss man den Arzt wechseln." Bei der Arztsuche würde er folgendermaßen vorgehen: erst Rat von Freunden einholen, dann einen Termin vereinbaren. "Wenn Sie kein Akutfall sind und trotzdem als neuer Patient sofort einen Termin bekommen, sollte Sie das ebenso stutzig machen wie ein leeres Wartezimmer." Das seien Zeichen dafür, dass dieser praktische Arzt offenbar nicht sonderlich begehrt ist.

Bei einem schmuddeligen Entree dreht Geppert gleich wieder um. "Und wenn die Ordinationshilfe vor allen anderen Patienten nach Details zu meiner Erkrankung fragt, mache ich ebenfalls kehrt." Auch bei einem Arzt, der sofort kostspielige Sonderbehandlungen empfiehlt, ist Skepsis angesagt. "Wenn ich hingegen merke, dass der Arzt mit mir mitfühlt, mich gründlich untersucht und ein ausführliches Gespräch führt, nehme ich gerne längere Wartezeiten in Kauf."

»Ein guter Arzt ist in der Lage, mit den Gefühlen der Patienten umzugehen«

Stefan Höfer, Gesundheitspsychologe an der Meduni Innsbruck, rät dazu, beim ersten Arztbesuch auf die Kommunikation zu achten. "Kann der Arzt zuhören, oder hat er mich dauernd unterbrochen? Das heißt aber nicht, dass er nur dasitzen und meine Sorgen anhören soll. Ein gutes Signal ist, wenn er fragt, was man selbst glaubt oder zu haben befürchtet. Das zeigt, dass er sich dafür interessiert, wie es dem Patienten wirklich geht." Wer Angst vor dem Arztbesuch oder dem Untersuchungsergebnis hat, sollte das auch ansprechen. "Ein guter Arzt ist in der Lage, mit den Gefühlen der Patienten umzugehen. Aber ein Arzt ist auch kein Wunderwuzzi. Das Kommunizieren fällt nicht allen gleich leicht."

Hilft Dr. Google?

Mittlerweile suchen viele Patienten auch im Internet Unterstützung bei der Ärztewahl. Das nach eigenen Angaben größte österreichische Ärztesuchportal ist docfinder.at, es verzeichnet monatlich 4,7 Millionen Patientenanfragen. Über alle niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte gibt es hier Basisinformationen wie Telefonnummer, Kassenverträge, Adresse und Öffnungszeiten. Registrierte Patienten können zu jedem Arzt Bewertungen posten.

Gegen Bezahlung können Ärzte Zusatzleistungen buchen. Etwa ein "Premium Large"-Paket um 189 Euro monatlich. "Ärzte können so ihre Praxis und ihre Behandlungsschwerpunkte optimal im Internet darstellen“, erklärt Gerald Timmel von Docfinder. "Dabei spielen umfassende Präsentationen in Wort und Bild sowie die richtige Positionierung und Suchmaschinenoptimierung eine wichtige Rolle."

Smartphone Featurebild
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Diese Ärzte werden zudem über Patientenbewertungen informiert und können zu diesen Stellung nehmen. Auf die Frage, ob und wann negative Postings gelöscht werden, sagt Timmel: "Wir unterstützen den freien Informations- und Meinungsaustausch, lehnen aber den Missbrauch unserer Plattform, wie etwa falsche Tatsachenbehauptungen oder Beleidigungen von Ärztinnen und Ärzten, kategorisch ab. Besteht ein begründeter Verdacht auf Missbrauch unserer Bewertungsfunktion, prüfen wir diesen und löschen gegebenenfalls die Postings."

Docfinder finanziert sich einerseits klassisch über Displaywerbung und anderseits "durch den Verkauf von Praxismarketingleistungen wie der Erstellung von Internetpräsenzen für Ärztinnen und Ärzte und Darstellungen ihrer Praxis und ihrer Behandlungsschwerpunkte" (Timmel).

Skepsis gegenüber privaten Suchplattformen

Der niederösterreichische Patientenanwalt Gerald Bachinger ist bei privaten Suchplattformen skeptisch, eben weil Ärzte dafür bezahlen: "Man kann nie ausschließen, dass negative Kommentare gelöscht werden."

»Man kann nie ausschließen, dass negative Kommentare gelöscht werden«

Jörg Wipplinger arbeitet für medizin-transparent.at. Das ist eine Medizinplattform des Departments für Evidenzbasierte Medizin der Donau-Uni Krems, auf der medizinische Nachrichten kritisch bewertet werden. Wipplinger erklärt, wie sich Patienten im Internet zurechtfinden, wo auch viele unseriöse Informationen verbreitet werden. "Man sollte sich immer anschauen, wer hinter einer Internetseite steht. Wenn man das nicht herausfinden kann, kann man sie schon vergessen."

Frau bei der Akupunktur
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Außerdem sollte die Finanzierung klar ersichtlich sein. "Wenn mir massenhaft Werbebanner entgegenflimmern, wird das nicht unabhängig sein." Bei Gesundheitsthemen sollte es Quellenangaben für Studien geben, bei Beschreibungen von Therapien Alternativen und Nebenwirkungen besprochen werden. Auch wenn das Filtern der Informationen schwierig ist, meint Wipplinger: "Besser, man googelt, auch wenn man Mist findet, als man bleibt uninformiert. Denn die Medizin geht mittlerweile vom informierten Patienten aus, der mitentscheidet."

Suche nach Alternativen

Ist die Suche nach Fachärzten schon schwierig genug, wird es bei alternativen Heilmethoden noch unüberschaubarer. Neben den bekannten Methoden, die teilweise sogar von den Gebietskrankenkassen und Privatversicherungen bezahlt werden, finden sich auch viele esoterisch angehauchte Angebote bis hin zu Geist- und Auraheilungen. Viele dieser "Therapeuten" haben keine medizinische Ausbildung, dafür einen Gewerbeschein für Energetiker. Der Kinesiologe Christian Dillinger schätzt, dass in Österreich rund 20.000 Menschen energetisch arbeiten.

Daneben gibt es aber auch traditionelle Alternativmethoden, für die teilweise sogar das Medizinstudium Voraussetzung ist.

Vor einer planbaren Operation sollte man nicht nur eine zweite Meinung einholen. Man sollte auch bei der Spitalswahl gewissenhaft vorgehen. Patientenanwalt Bachinger benennt dabei ein grundsätzliches Problem: "Es gibt enorme Qualitätsunterschiede bei den Spitälern, doch es gibt so gut wie keine Transparenz. Daher kann man als Patient fast nicht nachvollziehen, wo wirklich gut gearbeitet wird."

Welches Spital?

Als Orientierungshilfe empfiehlt Bachinger, nachzufragen, wie oft das Spital der Wahl den benötigten Eingriff überhaupt schon durchgeführt hat. "Es kommt nicht darauf an, dass das Krankenhaus ums Eck ist, sondern darauf, dass die Ärzte viel Erfahrung haben." Gesundheitspsychologe Stefan Höfer rät zusätzlich, die Pflegemannschaft anzuschauen. "Nur weil auf einer Station ein bekannter Primarius arbeitet, heißt das nicht, dass man von ihm behandelt wird oder das Team toll ist. Daher würde ich mir anschauen, ob das Spital patientenfreundlich ausgestattet ist und ob mir das Pflegeteam zusagt. Denn das ist mindestens genauso wichtig wie der Arzt."

Krankenhaus
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Viele Experten fordern, dass die Patientenzufriedenheit mit Spitälern und Qualitätsmerkmale wie Zahl der Eingriffe, Sterblichkeitsrate oder Infektionen mit multiresistenten Keimen vom Gesundheitsministerium öffentlich für alle Patienten zugänglich gemacht werden. Bachinger verlangt zudem, dass auch bei niedergelassenen Ärzten die Qualität gemessen und veröffentlicht wird. So hätte man objektive Kriterien für die Arztsuche. Ob man sich bei einem Arzt auch subjektiv wohlfühlt, muss ohnehin in der Ordination geklärt werden.

Wie gut ist mein Arzt wirklich?

Mithilfe dieses Fragebogens können Sie herausfinden, ob ein Mediziner tatsächlich zu Ihnen passt und ob Sie ihm weiter vertrauen möchten.

Fragebogen: Wie gut ist ihr Arzt wirklich?
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Hier finden Sie den Fragebogen zum Ausdrucken.

Anleitung: Diese Fragen sollen Ihnen einen Eindruck von der Qualität Ihres Arztes vermitteln. Sollte der Großteil der Bewertungen negativ ausfallen, dann sollten Sie sich umgehend nach einem neuen Mediziner umschauen. Der Fragebogen wurde von der "Weissen Liste", einem deutschen Internetportal mit Tipps zum Gesundheitssystem, zusammengestellt.

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