Maler Arik Brauer über
seinen Freund Ernst Fuchs

Er war ein charismatischer, brillanter Mensch - sein Leben lang

Ernst Fuchs war ein Jahrhundert-Maler. Sein Werk wird nie auszulöschen sein. Und manche seiner Grafiken haben Dürer-Niveau. Und er war die zentrale Figur in unserem Kreis, den Phantastischen Realisten. Seit seiner Jugend hat er auf viele Künstler durch sein Wirken ausgestrahlt. Er war ein charismatischer, brillanter Mensch sein Leben lang.

von Menschen - Maler Arik Brauer über
seinen Freund Ernst Fuchs © Bild: NEWS Herrgott Ricardo

Ich sehe ihn noch heute vor mir, wie er mit kurzen Hosen und seinen bleichen O-Beinen die Stufen der „Akademie“ hinauf- und hinunterfetzte. In den Gängen lag noch der Staub von den Bombeneinschlägen im Krieg. Das war 1945, er war damals 16 Jahre und ich 17.

Cowboy mit einem Lasso

Ich war noch Schüler, als ich das erste Mal von ihm gehört habe. Fuchs besuchte eine Schule, an der jüdische und katholische Kinder unterrichtet wurden. Ich war in einer jüdischen Schule. Dort hatte ich den Ruf, der „beste Maler der Welt“ zu sein, bis einer meiner Schulkollegen behauptete, ich sei nur noch der „zweitbeste“. In der Hand hielt er eine Zeichnung, die zeigte einen Cowboy mit einem Lasso. Sie war von Ernst Fuchs. Ich erwiderte sofort mit einer Zeichnung von mir. Als Studenten der Akademie der bildenden Künste wurden wir dann Freunde.

Im Mittelalter hätten sie ihn dafür verbrannt

Diese Freundschaft hielt unser ganzes Leben. Anders als ich war er ein sehr religiöser Mensch. Sein Vater war Jude, seine Mutter Katholikin. Er er zwar aus, wie ein frommer Jude und war auch mein Trauzeuge in Israel, aber die katholische Kirche war für ihn wichtig, auch wenn er nicht wie ein blindes Lamm hinter ihr her getaumelt ist. Er hatte seine eigene Religion. Im Mittelalter hätten sie ihn dafür verbrannt.

Viele große Künstler haben sich an seiner Arbeit orientiert, auch wenn sie andere Wege eingeschlagen als er, einer davon war zum Beispiel Arnulf Rainer. Dass er nie eine Professur in Wien bekommen hat, ist ein typisch österreichisches Schicksal.

Der Mensch Fuchs war großherzig

Der Mensch Fuchs war großherzig, das heißt aber nicht, dass er nicht egoistisch war, wie jeder Künstler. Aber er hat einen Hang zu großzügigen und kühnen Unternehmungen und lebte in großen Zügen. Dafür habe ich ihn immer bewundert. Als er mit dem Bau seiner Villa begann, dachte ich, dieses „Raumschiff“ macht er nie fertig. Aber er hat es geschafft.

Dass er nicht nur künstlerisch, sondern auch musikalisch sehr begabt war, hat nie jemand wahrgenommen. Ich kannte seine Bariton-Stimme. Denn wir haben oft miteinander gesungen. Wenn meine Frau nicht dabei war, sangen wir manchmal Wienerlieder, die nicht wirklich salonfähig waren.

Sein letzter Besuch bei Fuchs

Vor drei Wochen habe ich ihn zuletzt besucht. Er lag in seinem Bett, wie in einem Traumzustand. Er wusste nicht mehr, wo er wirklich war. Aber dann schien er wieder klar, telefonierte auf Französisch und Englisch und machte sogar Pläne. Ich sagte noch zu ihm, wie immer, „Ich komme dann wieder einmal vorbei“. Über den Tod haben wir nie gesprochen. Wir haben immer so getan, als würden wir ewig leben.

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