Halten Sie Sklaven?

Fast jeder Mensch in Westeuropa ist auf Produkte aus Zwangsarbeit angewiesen

38 Sklaven beschäftigt der Autor dieser Zeilen, wie er bei der Recherche herausfand: Das liegt exakt im Durchschnitt aller Menschen, die den Slaveryfootprint-Test (der berechnet auf wie viel Sklavenarbeit der eigene Lebensstil angewiesen ist) absolvierten. Aber es ist doch auch viel mehr als ich jemals für möglich gehalten habe. Dabei fahre ich kein Auto, habe keine Kinder und miete statt mein eigenes Haus zu bewohnen. Die Anzahl „meiner Sklaven“ würde sich andernfalls schlagartig noch einmal deutlich erhöhen. Trotzdem: 38 Menschen arbeiten für mich unter menschenunwürdigen Bedingungen. Sie sind meine Sklaven, obwohl ich keinen von ihnen jemals traf. Wie sieht es bei Ihnen aus?

von Stockbild von Sklaven. © Bild: Thinkstock

Der Skandal um die Arbeitsbedingungen bei "Amazon“ rückte die Bedingungen, unter denen die Produkte, die wir tagtäglich benützen, hergestellt werden, wieder einmal deutlich ins Bewusstsein. Doch obwohl die Vorwürfe gegen "Amazon“ drastischer Natur sind, haben die betroffenen (Leih-)Arbeiter einen großen Vorteil: Seit der Dokumentation sind sie ein gesellschaftliches Thema. Medien, NGOs und Politik machen die Missstände zum Thema. Die Wahrscheinlichkeit, dass alles einfach so weiter geht wie bisher ist gering.

Anders sieht es mit meinen 38 Sklaven aus. Sie haben keine Stimme und niemanden der sich für sie interessiert oder für sie die Stimme ergreift. Auch ich kann für sie - wenigstens auf den ersten Blick - wenig tun, sind sie mir doch allesamt vollkommen unbekannt.

Meine Sklaven

Die Sklaven, die für mich arbeiteten, leben im Kongo und bauen dort das Coltan ab, das zum Betrieb meiner elektronischen Geräte benötigt wird. Sie arbeiten in Brasilien auf Farmen, die Baumwolle für meine Bekleidung oder Sojabohnen - zur Fütterung des Rindes das ich später esse - anbauen. Sie arbeiten in China -teils unter sklavenähnlichen Umständen - an der Produktion der meisten Dinge die wir täglich benutzen oder sind mitten in Europa und in den USA - oft ohne legalen Aufenthaltstitel - in Sweatshops (Ausbeutungsbetrieb Anm. d. Redaktion), in der Prostitution oder in der Dienstleistungsbranche tätig.


Wenn Sie wissen wollen, wie viele Sklaven Sie selbst beschäftigen, können Sie das hier (auf Englisch) durch das Ausfüllen eines Tests herausfinden. Man wird im Test der "Fair Trade Fund Inc.“ detailliert zum eigenen Lebensstil befragt. Nur zum Thema Prostitution gibt es keine Befragung. Dabei wird jedoch darauf hingewiesen, dass die Inanspruchnahme vieler Dienste der Sexindustrie die Anzahl der Sklaven deutlich erhöht.


Doch muss man es einfach hinnehmen wenn man plötzlich erfährt, eigentlich ein Sklavenhalter zu sein? Nein! Denn die Zahl der Möglichkeiten auf Produkte zuzugreifen, die unter fairen hergestellt werden, steigt täglich. Häufig ist der Einkauf fairer Produkte auch keine Frage des Preises sondern nur der intensiven Beschäftigung mit der Frage, wo unsere Produkte herkommen. Doch welche Alternativen gibt es?

Alternative Anbieter

Das "Fairtrade“-Logo ist inzwischen fast allen ein Begriff. Inzwischen gibt es in Österreich mehr als 750 Produkte unter diesem Label. Auf der Homepage des Unternehmens gibt es die Möglichkeit sich umfassend über die Produkte, ihre Erzeugung und alle Zahlen, Daten und Fakten zum Unternehmen "Fairtrade Österreich“ zu informieren. Gut zu wissen, dass das Unternehmen inzwischen auch faire Blumen anbietet. In diesem Bereich gibt es aber auch zahlreiche andere Anbieter.

Ebenfalls schon sehr bekannt sind die "Weltläden“, die sogar über einen Onlineshop verfügen. Doch auch abseits des täglichen Bedarfs gibt es genügend Möglichkeiten faire Produktion zu unterstützen. Statt sich in jeder Saison neu beim Billigdiskonter einzukleiden und Berge an Kleidungsmüll zu produzieren, kann auch "saubere Wäsche“ gekauft werden. Der Einkaufsführer der "Clean Clothes“ Kampagne, die sich für faire Textilien-Produktion einsetzt, gibt Ratschläge.

Eine Kampagne der NGO "Südwind“ setzt sich außerdem für faire Spielsachen ein. Denn das viele (Plastik)-Spielzeug der Kinder wird oft unter besonders unwürdigen Bedingungen ehrgestellt. Global 2000 und andere Anbieter veranstalten außerdem jährlich die "WearFair“, eine Messe für faire Produkte. Heuer wird sie in Linz stattfinden.

Der faire Onlinehandel

Doch so zahlreich die Initiativen bereits sind, in vielen Bereichen fehlt es immer noch an Alternativen, die auch ohne viel Aufwand und einigermaßen kostengünstig zugänglich sind. Einige aktuelle Initiativen wollen das aktuell ändern: Das Start-Up-Unternehmen "Fainopoly“, das über Crowdfunding (Finanzierung über Beiträge möglichst vieler User Anm. d. Red.) finanziert werden soll, möchte beispielsweise einen fairen Onlinehandel aufziehen. Denn Größen wie Amazon oder Ebay haben eine enorme und immer stärker steigende Marktmacht. Das ist zwar vielen Konsumenten unheimlich, doch an echten Alternativen fehlt es noch.


Fairnopoly hat bereits über 100.000 Euro lukriert und ist mitten in der Gründung. Gut möglich, dass dieses oder ähnliche Unternehmen schon bald Amazon Konkurrenz machen. Fairnopolys Ziel ist es, einen Onlinemarktplatz zu errichten, der versucht konsequent fair zu sein. Statt auf große Kapitalgeber zu setzen, möchte man mittels Crowdfunding zu einer "Genossenschaft 2.0“ werden. Außerdem soll der faire Handel und der Handel mit gebrauchten Produkten vorangetrieben werden.

Das faire Smartphone

Ein weiterer Bereich bei dem es noch keine gerechten Alternativen gibt, ist der Bereich der Smartphones. Aktuell versucht eine niederländische Initiative die weltweit ersten "Fairphones“ herzustellen. Die Herausforderungen sind jedoch enorm, da man zum Bau eines Smartphones auf zahlreiche Rohstoffe angewiesen ist, die Großteils nicht fair zu bekommen sind oder wo der Aufbau neuer Zuliefernetzwerke einen enormen Aufwand erfordert. Die Initiative möchte nun Schritt für Schritt in Richtung der fairen Produktion von Smartphones gehen.

Aber auch auf der Konsumentenseite soll sich viel zum besseren ändern. So soll das "Fairphone“ recyclebar sein und außerdem dem Konsumenten vollständig zur Verfügung stehen. Also ohne fixverbaute Teile, die nur vom Hersteller selbst entfernt werden können. Bereits im Herbst wird eine erste Version des Handys auf den Markt gebracht. Bis alle Teile fair erzeugt werden können, setzt man als ersten Schritt auf absolute Transparenz und will die gesamte Produktionskette offenlegen.

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Weniger Sklaven

Eine faire Alternative gibt es bereits im Fall der Computermaus. Die sogenannte "Nager IT“. Weitere faire Elektronikartikel werden wohl in den kommenden Jahren dazu kommen. Die Nachfrage und das Interesse der Konsumenten sind jedenfalls hoch.

Als Fazit bleibt, dass es zwar längst noch nicht in allen Bereichen faire Alternativen gibt. Grundsätzlich gilt: Je komplizierter ein Produkt ist und aus je mehr mehr Einzelteilen es besteht, desto schwieriger ist es, alle Abschnitte des Produktionsprozesses sauber zu gestalten. Allerdings gibt es bereits einige Alternativen und damit die Möglichkeit sich von mehr und mehr "Sklaven“ zu trennen. Das ist immerhin ein Anfang, auch wenn der Weg zur sklavenlosen Gesellschaft ein langer ist.

Kommentare

bushmaster

Mir tun die Sklaven schon sehr leid ,dass die
noch Freude am vielen Kinder machen haben,
ist mir ein Rätsel .

Naja es wird auch selten gesagt, dass wenn man es bei den anderen akzeptiert es ultraschnell zu einem selbst kommt. Nein, ich mag das nicht! Nein, mir hilft das nichts, wenn ich das schreibe! Ha ha ha

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Wer sind die Sklaven?

Die chinesische Arbeiterfamilie, wo 10 Peronen in einer 150 m² Wohnung für 150.-EUR Miete leben und die 4 Arbeiter (das andere Kinder, alte Leute) je 350.-EUR pro Monat verdiene, sich die Familie locker 500.-EUR pro Monat zur Seite sparen kann?

Oder der Arbeiter in Österreich, 1100 EUR Miete mit Betriebskosten, 1500.-EUR Gehalt, keine Chance was zur Seite zu sparen.

brauser49
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Verstehe halt bei Sklaven Leute die das nicht (oder schwer) ändern koennen - während sich jeder Arbeiter, oder Wohnungsmieter der in einem Schloss wohnt (1.100 !) sich jederzeit verändern kann !

derpradler
derpradler melden

Im Kapitalismus gibt es nur Reiche und Lohnsklaven!

Wäre ich nicht arm wäst Du nicht reich!

Ignaz-Kutschnberger

A Waunsinn sowas...

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