Anna Gasser: "Plötzlich stand die Welt still"

Plötzlich stand auch ihre Welt still: Olympiasiegerin Anna Gasser hatte große Pläne für das Jahr 2020. Dann kam Corona. Die Snowboarderin im Interview über Lockdown, Training und Freizeit ohne schlechtes Gewissen.

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Interview - Anna Gasser: "Plötzlich stand die Welt still"
Die 28-jährige Villacherin ist dreifache X-Games-Gewinnerin und Weltmeisterin und gewann bei den Olympischen Winterspielen 2018 in Pyeongchang Gold im Big Air. 2017 und 2018 wurde sie als Sportlerin des Jahres ausgezeichnet. 2018 schafft sie als erste Frau überhaupt den 1st Cab Triple Underflip 1260,2019 stand sie nach einer Knöchelverletzung und darauffolgender Physiotherapie als erste Frau einen perfekten Cab Double Cork 1260.

Wie ist das für eine Topsportlerin, wenn plötzlich "Lockdown" ist und nichts mehr geht? Hast du auch mit Yoga und Brotbacken angefangen?
Mit dem Brotbacken habe ich zwar nicht angefangen, aber während des Lockdowns viel mehr gekocht. Ich bin normalerweise eher "Typ Fertigsaucen", aber zu dieser Zeit habe ich kulinarisch ein bisschen experimentiert und mich sogar an Nachspeisen versucht: Auf mein Mousse au Chocolat bin ich richtig stolz! In meinem Leben geht es immer rund, und ich habe selten Zeit zum Kochen. Plötzlich stand die Welt still, von hundert auf null. Da war es eigentlich sogar schön, ein bisschen Zeit zu haben.

Wie hast du während der Ausgangsbeschränkungen trainiert?
In den ersten zwei Wochen des Lockdowns habe ich wirklich einmal nichts gemacht. Ich war davor so im Stress, und die Saison war sehr anstrengend, dadurch war es fein, einmal nicht das Gefühl zu haben, man verpasst etwas. Einfach ohne schlechtes Gewissen nichts tun! Als Sportler hat man ja ohnehin immer das Gefühl, man verpasst etwas, wenn man nichts macht. Aber nach zwei Wochen habe ich dann schon wieder angefangen, aktiv zu werden. Ich habe mir daheim einen kleinen Fitnessraum eingerichtet und konnte so ganz gut trainieren.

Wie geht es jetzt mit dem Training weiter?
Wir sind seit über einem Monat auf Schnee unterwegs: Wir waren schon am Kaunertaler Gletscher, jetzt sind wir gerade am Mölltaler Gletscher und verbinden diese paar Tage Skitraining pro Woche mit Sommer Genießen. Normalerweise reise ich zum Trainieren viel um die Welt und habe deshalb nie so richtig realisiert, wie gut man in Österreich trainieren kann. Ich war im Sommer bis jetzt immer in Neuseeland, in den USA, in Australien. Ich nehme aus dieser Zeit auf jeden Fall mit, dass es nicht unbedingt notwendig ist, so viel zu Reisen, um gut trainieren zu können. Und ich glaube sogar, dass ich das auch die nächsten Jahre so beibehalten werde.

»Ich hatte so viele Pläne für 2020«

Was nimmst du aus dieser Zeit des Lockdowns mit?
Ich hatte so viele Pläne für 2020. Plötzlich wurden diese Pläne über den Haufen geworfen. Man musste diese Situation so annehmen, wie sie eben ist. Nachdem mein Leben eben immer streng nach Plan verläuft, werde ich aus dieser Zeit die Erfahrung mitnehmen, wieder mehr im Moment zu leben. Weil man immer noch nicht genau weiß, wann die Grenzen öffnen und wann man wieder trainieren kann. Das ist, was ich auf jeden Fall in Erinnerung behalten werde: Egal, wie gut man vorbereitet ist, es kommt manchmal eben doch anders.

Und wie wird nun die kommende Saison im Detail aussehen?
Für die kommende Saison ist schon viel ausgefallen. Zum Beispiel ist einer unserer größten Bewerbe in den USA abgesagt, ebenso die ersten drei Weltcups. Es steht also viel noch in den Sternen. Ich hoffe natürlich weiterhin, dass ich diese Saison noch zum Fahren komme.

Auf jeden Fall hast du jetzt mehr Zeit für andere Dinge - für Kooperationen zum Beispiel.
Als die Anfrage von Jacques Lemans kam und ich meinen Eltern davon erzählt habe, waren sie sofort Feuer und Flamme: Mein Papa hat tatsächlich schon immer diese Uhren getragen und ist ein großer Fan. Da fiel die Entscheidung natürlich leicht. Ich selbst komme im Trainingsalltag eher selten dazu, Uhren zu tragen, das hat in erster Linie mit meiner Sportart zu tun. Da bin ich burschikos gekleidet, und es bleibt wenig Raum für Eleganz. Eine Uhr ist für mich definitiv ein modisches Accessoire, ein Statement, und als Ausgleich zum Sport finde ich es super, wenn ich mich richtig herausputzen und meine mädchenhafte Seite betonen kann. Da gehört eine schöne Uhr natürlich dazu.

Dieses Interview erschien ursprünglich im News 31/2020.