Der Bergbauernbub auf dem Klimagipfel

Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter war Österreichs Mann in Paris

von Andrä Rupprechter © Bild: Trend/Michael Rausch-Schott

Er sei ganz zufrieden damit, wie die Österreicher mit dem Klimaziel umgehen, sagt Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter. Auch mit sich selbst ist er ganz zufrieden. Das sagt er zwar nicht, man merkt es ihm aber immer an. Der Tiroler fühlt sich sichtlich wohl in seiner Rolle als Minister. Besonders dann, wenn er in dieser Funktion im Mittelpunkt steht. Er stellt sich dann gerne breitbeinig hin, verschränkt die Arme oder steckt sie in die Hosentasche und lächelt zufrieden.

Der Minister mag Selfies

Da in seine Zuständigkeit auch die Umweltpolitik fällt, vertrat der ÖVP-Politiker Österreich beim großen Klimagipfel in Paris, bei dem ein historisches Abkommen getroffen werden konnte. Hier wurden die internationalen Klimaschutzziele festgelegt. Ein Termin nach Rupprechters Geschmack: Viele bedeutende Politiker sind versammelt, also gibt es genügend Möglichkeiten für Selfies mit ihnen. Der Minister mag Selfies. Noch lieber mag er es, wenn Menschen seine Bilder anschließend liken.

Der gläubige Katholik Rupprechter besuchte schon mehrmals den Papst - "eine außergewöhnliche Persönlichkeit, der die Frage der Nachhaltigkeit ein besonderes Anliegen ist“, wie er sagt. Das gemeinsame Foto brachte 135 Likes. Vor Kurzem traf der Landwirtschaftsminister in Los Angeles Arnold Schwarzenegger - 212 Likes auf Twitter. Gemeinsam diskutierten sie über den Klimaschutz. Ein Politiker fehlt ihm noch auf seiner Liste: Russlands Präsident Wladimir Putin. "Ich würde mich wahnsinnig freuen, wenn ich einmal gemeinsam mit Putin und Karl Schranz Ski fahren gehen könnte“, sagt Rupprechter.

Der 54-Jährige ist ein "guy from the mountains“, wie er sich bei internationalen Kollegen gern scherzhaft vorstellt. Er wuchs auf einem Bergbauernhof im Tiroler Brandenberg gemeinsam mit acht Brüdern und zwei Schwestern auf. Es gab Kühe, Schweine und Pferde. Sein Lieblingstier war Hund "Hexi“, ein "mit den Jahren ziemlich dick gewordener Jagdhund“. Als der Hund schwer krank wurde, gab der Vater ihm den Gnadenschuss. "Die ganze Familie war sehr traurig“, erinnert sich Rupprechter. "Aber das Sterben gehört zum Leben. Das habe ich bereits früh gelernt.“ Auch beim Schlachten der Schweine war er als Bub dabei. "Das hat einfach dazugehört. Aber ich habe dabei mitbekommen, dass Respekt vor den Tieren wichtig ist. Als Minister ist es mir nun ein großes Anliegen, dass mit Tieren gut umgegangen wird.“

Ein Hauch von Grün

Er hätte sich schon vorstellen können, einmal Bauer zu werden, sagt er. Die Zeit in der Natur und der Umgang mit den Tieren machen Rupprechter große Freude. Allerdings stellte sich die Frage nie ernsthaft. Als sein Vater starb, war Andrä Rupprechter acht Jahre alt, einer seiner älteren Brüder übernahm den Hof. Obwohl die Familie sparen musste, war es der Mutter sehr wichtig, dass die beiden Jüngsten ein Studium absolvieren konnten. Und so ging Rupprechter nach Wien, um Agrarökonomie an der Boku zu studieren.

Die politische Heimat von Rupprechter stand schon früh fest. Sein Vater war ÖVP-Bürgermeister von Brandenberg, der Sohn war daher schon früh Mitglied im Bauernbund. Nur als Student sympathisierte er kurz mit der Grünbewegung, als er an der Besetzung der Hainburger Au teilnahm. Doch schließlich überzeugte ihn Josef Rieglers "ökosoziale Marktwirtschaft“, und er blieb der ÖVP treu.

Jetzt, als Minister, versucht er einen guten Kontakt zu den Umweltschutzorganisationen zu pflegen. Und das wird auch honoriert. "Die Kommunikation hat sich unter Rupprechter zum Positiven gewandelt“, sagt Herwig Schuster, Kampagnenleiter von Greenpeace. Nachsatz: "Die Latte liegt durch seine Vorgänger zwar nicht gerade hoch, aber es gibt zumindest einen regelmäßigen, konstruktiven Kontakt.“

»Die Kommunikation hat sich unter Rupprechter zum Positiven gewandelt.«

Ganz zufrieden ist Schuster mit dem Minister jedoch nicht. "Ich weiß, dass ihm der Klimaschutz wichtig ist. Aber ich würde mir von ihm mehr Aktivität erwarten. Er müsste sich vor der Klimakonferenz in Paris viel deutlicher positionieren.“ Ein Problem, für das Rupprechter nicht verantwortlich ist, sieht der Greenpeace-Mann darin, dass die Themen Energie und Umwelt nicht in der Hand eines Ministeriums liegen. Während Rupprechter für die Umwelt zuständig ist, ist die Energiepolitik Aufgabe des Wirtschaftsministers. Dadurch falle es schwer, große Reformen zu bewirken. Auch für die grüne Umweltsprecherin Christiane Brunner ist Rupprechter "nicht der große Kämpfer“, den sie sich wünschen würde.

Geselliger Familienmensch

Andrä Rupprechter war viele Jahre Kabinettsmitarbeiter seiner Vorgänger Franz Fischler und Wilhelm Molterer, dann ging er nach Brüssel. Lange eilte ihm der Ruf voraus, nach Höherem zu streben. 2013 wurde er als Minister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft nach Wien geholt. Und war endlich da, wo er hinwollte: in der ersten Reihe der Politik.

Seit Amtsantritt weiß Rupprechter immer wieder zu überraschen. Er betet täglich und trägt stets einen Rosenkranz bei sich. Mindestens einmal im Jahr geht er zur Beichte. Dennoch setzt er sich, im Gegensatz zur Linie von Partei und Kirche, für mehr Rechte von Homosexuellen ein. Und er ist bereits zum zweiten Mal verheiratet. Kein Widerspruch zu seinem Glauben, sagt er. Die erste Ehe sei nur standesamtlich geschlossen und einvernehmlich geschieden worden.

Die Hochzeitsreise von Rupprechter und seiner zweiten Frau war ebenfalls unkonventionell: Gemeinsam bestieg man den Kilimandscharo, besuchte Tanganjika und Sansibar. Rupprechter reist überhaupt gerne. Von Indien, einem Land mit "unglaublicher Dynamik“, ist er besonders fasziniert.

Zwischen Familie und Gesellschaftsparkett

Rupprechter ist aber auch Familienmensch. Er hat zwei Töchter (25 und 28 Jahre) aus erster Ehe und zwei Söhne (drei und fünf Jahre) aus zweiter; die älteste Tochter und der jüngste Sohn haben am gleichen Tag Geburtstag. Seine eigenen Geschwister sieht er regelmäßig. So passt etwa seine Schwester Hanni öfters auf seine Söhne auf. Rupprechter versucht mindestens zwei Abende pro Woche daheim zu verbringen - für einen Spitzenpolitiker eher ungewöhnlich. An den übrigen Abenden zeigt er sich gern von seiner geselligen Seite. Er trinkt dann lieber Wein als Bier, am liebsten Grünen Veltliner und Chardonnay.

Sein politisches Ziel ist es, Österreich zum "Umweltmusterland Nummer eins“ zu machen. Dahin ist es allerdings noch ein weiter Weg. Die EU-Umweltbehörde kritisierte, dass Österreich das Ziel zur Reduktion der Treibhausgase bis 2020 nicht erreichen werde. Die Grüne Christiane Brunner sagt, dass "Rupprechter die Klimapolitik gar nicht so wichtig ist“. Für ihn selbst ist der Autoverkehr ein Hauptproblem, er befürwortet daher ein ökologisches Steuersystem. Das müsse kommen, sagt er. Doch ob Andrä Rupprechter bei der nächsten Reform überhaupt noch im Amt sein wird, ist fraglich. Immer wieder machen Gerüchte über eine baldige Ablöse des Landwirtschaftsministers die Runde. Ein paar Selfies werden sich bis dahin aber jedenfalls noch ausgehen.

Kommentare

"Wir müssen alternative Energiegewinnung ausbauen" erklärt Minister Rupprechter. Und warum macht das der ÖVP Wirtschaftsminister dann nicht?

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