Der Mythos des Frank Stronach

Politikturbulenzen: In Österreich versetzt der steirische Milliardär die Politik in Unruhe. Und in Europa sind es "Piraten", die aus dem Stand in Landtage einziehen.

von Analyse - Der Mythos des Frank Stronach © Bild: NEWS

Professor Peter Filzmaier, Politikforscher an der Donau-Uni Krems, bewertete kürzlich die „Causa Stronach“, also die Pläne des austrokanadischen Milliardärs, 2013 aktiv in Österreichs Innenpolitik einzugreifen, trocken so: Die Herrschaft des Reichtums werde wissenschaftlich „Plutokratie“ genannt, dann, wenn allein schnöder Mammon entscheidet, wer politische Rechte ausüben darf.

Noch hat sich Frank Stronach nicht wirklich entschieden, ob er definitiv eine neue Partei gründet, was ihm für den Fall des Falles bis zu 20 Millionen Euro an Einsatz wert wäre. Oder ob er, wesentlich billiger, mit nur knapp sieben Millionen in eine schon bestehende Parlamentsfraktion – diesfalls das BZÖ – einsteigt, um Österreich „zu retten“, wie er seine Motivation emphatisch selbst umschreibt. Allein die Ankündigung dieser seiner Absicht verursacht vielerorts Nervosität – vor allem in den etablierten Parteien. Plutokratische Einsprengsel im bislang bequemen, zuletzt aber eher vor sich hin dümpelnden demokratischen Österreich? Ein Horror für das Establishment.

Das Vakuum und seine Folgen.
Dabei – ehe das Jammern über Stronachs Ideen überhandnimmt – sollte man nach den Gründen fragen, warum überhaupt derartige politische Parforceritte möglich werden. Sie sind zuallererst dem zunehmenden politischem Vakuum geschuldet, das in der Republik seit Jahren herrscht. Die Regierung, die mittlerweile keine 50 Prozent mehr an Zustimmung bei den Wählern hat, starrt nur gelähmt auf die polternde Oppositionsarbeit eines Heinz Christian Strache und dessen FPÖ. Dabei: Österreichs Wirtschaftsdaten sind im EU-Vergleich so schlecht nicht – allein, Werner Faymann und Michael Spindelegger sind außerstande, dies zu nützen. Verdruss beim Bürger ist angesagt. Leere Steuersenkungs-Versprechungen beflügeln seinen Zorn.

Politische „Piraten“, nicht nur solche wie in Innsbruck, auch ein Stronach und wer weiß wie viele andere noch bis 2013, bekommen Zuspruch. Nicht so sehr wegen ihrer (meist unausgereiften bzw. gar nicht vorhandenen) Programme, sondern nur, um den Etablierten, „denen da oben“, eins auszuwischen. Mittlerweile ein europäisches Phänomen: Neun Regierungen im EU-Raum sind schon abgewählt worden, Piraten, siehe auch Nordrhein-Westfalen letzten Sonntag, sitzen schon in vier deutschen Landtagen. Aus dem Stand.

Warum Stronach interessant ist.
Der Selfmade-Milliardär, als armer Steirer seinerzeit mit nur 200 Dollar in der Tasche nach Kanada ausgewandert, besticht durch seine Karriere. Vom Tellerwäscher zum Star. Dass Stronach sich privat mehr als zwei Milliarden Euro an Vermögen erarbeitet hat, wird bewundert. Wie bei Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz. Und: Stronach sei Sozialkapitalist und keinesfalls Raubtierkapitalist, sagen Vertraute über ihn. Seinerzeit, als er das Autozulieferunternehmen Magna global aufbaute, habe er die Banker „abgefotzt“, habe sich mitnichten als „Knecht des Großkapitals“ erwiesen. Im Gegenteil: Seine Arbeiter sollten verdienen, und nicht sie, sondern die Manager verurteilte er oft kompromisslos und hart, wenn ein Betrieb den Bach runterging. Wachstum, Arbeitsplätze, alles mit sozialer Komponente, eben Arbeit und Brot, das ist Stronachs Mantra. Mitarbeiter, in Spitzenzeiten hatte Magna weltweit mehr als 150.000, seien für Stronach nie auswechselbares „Humankapital“, sondern immer das entscheidende Sozialkapital gewesen. Das alles erzeuge seinen Mythos. In Stronachs Umgebung ist man sich sicher: „Der Frank meint es ernst mit seinen politischen Ambitionen in Österreich, was derzeit läuft, ist absolut keine Show!“

Stronach bastelt an seinem Team.
Frühestens im Sommer dürften erste reale personelle Konturen von Stronachs Team für die Wahl 2013 sichtbar werden. Er sondiert derzeit überall, in allen Parteien, wo er unzufriedene, aber „gute, ehrenwerte Leute“ ortet. Gespräche gibt es auch mit Österreichs Wirtschaft, deren Präsident Christoph Leitl eine Stronach-Liste als durchaus gefährlich für die ÖVP ansieht. Mit Recht. Denn sieht man sich die paar Schlagworte, die Stronach zuletzt als eine Art Programm publizierte, etwas genauer an, sind diese mit manchen Inhalten in Schwarz durchaus kompatibel. Dass schon jetzt jeder zweite Österreicher eine Stronach-Liste für die Nationalratswahl begrüßen würde, sollte jedenfalls in allen Parteizentralen die Alarmglocken schrillen lassen. Denn Stronach wird seinen Mythos – „Er hat was im Leben erreicht, er hat etwas z’sammgebracht, während andere nur die Hand aufhalten“ – taktisch noch deutlicher einsetzen als bisher.