Amtsmissbrauch, Untreue und Absprachen? Haider bringt E-Card vor Staatsanwaltschaft

BZÖ-Chef sieht "dramatische Geldvernichtungsaktion" SPÖ will Haider in "Kleinen U-Ausschuss" laden

Als Grund nennt er die bekannt gewordene Klagsschrift, wonach beide Bieter, die im Dezember 2003 noch im Auswahlverfahren waren, für das erste Teilprojekt der E-Card maximale Kosten von 30 Mio. Euro angegeben hätten. In der Folge soll es aber einen Tag vor Vergabe des Projektes zu einem Treffen zwischen einem Bieter und Vertretern des Hauptverbandes gekommen sein, wo diesem Bieter empfohlen worden sei, ein Angebot von knapp unter 38 Mio. Euro abzugeben. Das am folgenden Tag vorgelegte Angebot jenes Bieters habe dieser Empfehlung entsprochen dann auch den Zuschlag erhalten.

"Es steht damit der Verdacht im Raum, dass fast sieben Millionen Euro Steuergeld veruntreut wurden und illegale Absprachen stattgefunden haben. Die dramatische Geldvernichtungsaktion E-Card könnte damit noch größere Ausmaße haben als bisher angenommen", meinte Haider. Der Landeshauptmann kritisierte in diesem Zusammenhang auch die Staatsanwaltschaft, weil diese auf eine frühere Anzeige seinerseits als Folge eines Rechnungshofberichts aus dem Jahr 2004, in dem bereits massive Vorwürfe gegen den Hauptverband der Sozialversicherungsträger erhoben worden waren, keine Konsequenzen gezogen habe.

Rechnungshof-Präsident Josef Moser hatte zuletzt angekündigt, dass der Rechnungshof auch die jüngsten Vorwürfen um angebliche Preisabsprachen prüfen werde. Der Hauptverband hat die Vorwürfe der Preisabsprache bereits mehrfach zurückgewiesen und betont, dass Verhandlungen ausdrücklich gesetzlich vorgesehen gewesen seien.

SPÖ will Haider in "Kleinen U-Ausschuss" laden
SPÖ-Rechnungshofsprecher Günther Kräuter kündigt für die Sitzung des ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses einen Antrag auf Ladung Haiders in der Causa E-Card an. "Mit seiner heutigen Anzeige und dem Verdacht, dass fast sieben Millionen Euro veruntreut wurden und illegale Absprachen stattgefunden hätten, ist eine Auskunftserteilung Haiders im Parlament unumgänglich geworden. Die Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln soll in Zukunft über die E-Card abgewickelt werden, daher müssen nun alle Verdachtsmomente im dafür vom Nationalrat beauftragten Kleinen Untersuchungsausschuss geklärt werden", sagte Kräuter am Dienstag in einer Aussendung.

Kräuter rechnet damit, dass Haider seine Fraktionskollegen zur Zustimmung zu dem Antrag bewegen werde. Er erinnerte daran, dass Haider bereits im September 2004 nach dem damaligen Rechnungshofbericht seine Bereitschaft erklärt hatte, vor dem Rechnungshofausschuss auszusagen. Für die ÖVP wachse sich die Causa E-Card zu einem echten "politischen Waterloo" aus, meinte der SPÖ-Rechnungshofsprecher.

Auch FP mit Sachverhaltsdarstellung
Auch die FPÖ bringt nun eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft Wien ein. Parteichef Heinz-Christian Strache und die Abgeordnete Barbara Rosenkranz begründeten diese mit dem Verdacht auf Amtsmissbrauch und Untreue.

Grund für die Vorwürfe sind Medienberichte, wonach es beim Teilprojekt 1 der E-Card (Betreiberzentrale und Terminalsoftware) im Dezember 2003 vor dem Ende der Ausschreibungsfrist zu verbotenen Preisabsprachen zwischen Spitzenmanagern des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger und dem später erfolgreichen Bieterkonsortium Siemens/IBM/Telekom gekommen sein soll. Der Hauptverband bestätigte zwar die Preisverhandlungen, betont aber, dass diese gesetzlich ausdrücklich vorgesehen gewesen seien.

Strache sieht die Sache anders. Die Gespräche im Dezember 2003 - unter anderem in der ÖVP-Zentrale - seien außerhalb des Vergabeverfahrens erfolgt. Der damals als Programmdirektor beauftragte Reinhold Bierbaumer hätte auch ausdrücklich auf die "extreme rechtliche Bedenklichkeit dieser Geheimgespräche" hingewiesen. Dass diese Verhandlungen zu einer Preisreduktion von 67 auf 37 Mio. Euro geführt hätten, wie der Hauptverband argumentiert, glaubt die FPÖ nicht. Die ersten Angebote der Bieter - laut Strache zwischen 70 und 150 Mio. Euro - seien nicht realistisch gewesen, da die Ausschreibungskriterien so ungenau gewesen seien.

Strache berief sich auf eine Kostenschätzung eines TU-Professors in der Höhe von 25 bis 30 Mio. Euro für das Projekt. Dieser Professor hatte freilich erst vor wenigen Tagen dementiert, dass das Projekt zu diesem Preis verfügbar gewesen wäre. Bestätigt sieht sich Strache aber auch durch Bierbaumer, laut dem den erhöhte Kosten von acht Mio. Euro keine Leistung gegenüberstünde. Bierbaumer war der Auslöser der Debatte. Er sieht sich um ein Erfolgshonorar umgefallen, das für den Fall eines Preises unter 35 Mio. Euro (inkl. USt.) vorgesehen gewesen wäre, und hat den Hauptverband geklagt.

Aufklärungsbedürftig ist für Strache auch, dass man Bierbaumer zunächst offenbar trotz eines Preises über 35 Mio. Euro ein Erfolgshonorar versprochen habe. Der FP-Chef sieht nun die Staatsanwaltschaft am Zug. Die laufende Rechnungshof-Prüfung möchte er nicht abwarten. Wenn man solche Informationen habe, müsse man sofort handeln, meinte er.

Für Grüne ist Aufklärungsinteresse des BZÖ nicht groß
Trotz der von Haider angekündigten Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft hält sich das politische Aufklärungsinteresse des BZÖ in der Causa E-Card nach Ansicht des Grünen Sozialsprechers Karl Öllinger "sehr in Grenzen". Öllinger verwies darauf, dass ein Antrag der Grünen auf Untersuchungsausschuss am Montag im Parlament auch vom BZÖ "kalt lächelnd niedergestimmt" worden sei.

Öllinger vermutet den Grund dafür darin, dass das Gespräch mit dem zum Zug gekommenen Bieter in Räumen des Koalitionspartners ÖVP und von ÖVP-nahen Funktionären des Hauptverbandes abführt worden sei.

(apa/red)