Wie gefährlich ist
Amalgam wirklich?

Silbergraue Füllungen für Schwangere und Stillende sowie für Kinder bald verboten

Seit 2018 dürfen Zahnärzte schwangeren und stillenden Frauen sowie Jugendlichen unter 15 Jahren EU-weit keine Amalgamfüllung mehr legen. Wie gefährlich ist Amalgam wirklich? Gefährlich genug, um es sukzessive aus den Zahnarztpraxen zu verbannen? Müssen sich demnach Menschen, deren Zähne nach wie vor mit Amalgam gefüllt sind, Sorgen machen? News.at fragte nach.

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Zahnärzte © Bild: Shutterstock.com

Amalgam ist weder ein modernes noch ein schönes Füllmaterial, so Dr. Claudius Ratschew von der Landeszahnärztekammer Wien. Dafür aber ein zweckmäßiges. Und obendrein das einzige, das die Krankenkasse im Stockzahnbereich bezahlt. Warum eigentlich? "Weil der Vertrag, der heute zum Einsatz kommt, aus dem Jahr 1957 stammt." Amalgam wird seit über 100 Jahren in der Zahnmedizin verwendet. Modernere Füllmaterialien fanden noch keinen Eingang in besagten Vertrag. "Es gibt wohl keinen anderen Bereich in der Medizin, wo die Krankenkasse eine Behandlung mit Methoden von vor 60 Jahren fordert", kritisiert der Experte.

»Es gibt keine einzige Studie weltweit, aus der eine Giftigkeit des Amalgams hervorgeht.«

Gefährlich sei Amalgam aber nicht. Und giftig schon gar nicht. "Es gibt keine einzige Studie weltweit, aus der eine Giftigkeit des Amalgams hervorgeht." Abgesehen davon gehe es hier ja auch weniger um das Amalgam als um das darin enthaltene Quecksilber, mit dem man sich nur dann vergiften könne, wenn man seine Dämpfe einatmet. Dieses Risiko wiederum ist nur ganz kurz gegeben, nämlich dann, wenn die Füllung gelegt oder herausgebohrt wird. Theoretisch. Denn auch hier gibt es keinen wissenschaftlichen Beweis für die Schädlichkeit.

Unbedenklich und dennoch verboten

Schon gar keine gesundheitliche Gefahr stellt eine Amalgamplombe dar, die sich jahrelang im Mund befindet. Selbst wenn sich mal ein Stück herauslösen und man es verschlucken sollte, besteht kein Grund zur Sorge. Denn: Der Stoff wird vom Darm nicht aufgenommen. Früher oder später landet das Stückchen in der Toilette und die Sache ist erledigt. Amalgamplomben sind also völlig unbedenklich. Und dennoch wird ihr Einsatz bei Jugendlichen, schwangeren und stillenden Frauen von der Europäischen Kommission verboten. Das macht stutzig.

"Es besteht generell die Tendenz, vom Quecksilber wegzukommen", erklärt Ratschew. Nicht nur in der Zahnmedizin, sondern in allen Bereichen. "Für sich betrachtet handelt es sich ja um ein giftiges Schwermetall." Abgesehen davon dürften auch wirtschaftliche Faktoren eine wesentliche Rolle spielen, sind diverse andere Füllmaterialien doch durchwegs teurer. Mit Inkrafttreten des partiellen Amalgamverbots sind allerdings auch die Krankenkassen am Zug: Die veralteten Verträge müssen adaptiert, moderne Füllmaterialien erstmals aufgenommen werden.

»Es gibt wohl keinen anderen Bereich in der Medizin, wo die Krankenkasse eine Behandlung mit Methoden von vor 60 Jahren fordert.«

Fassen wir also zusammen: Amalgam ist nicht giftig. Dafür kostengünstig und obendrein leicht zu verarbeiten. Der Nachteil des Materials besteht darin, dass es sich mit der Zeit abnützt, schrumpft und Spalten entstehen. So kann sich unter der Füllung erneut Karies bilden. Die alte Füllung muss entfernt und eine neue gelegt werden. Immer und immer wieder. "Damit wird immer mehr Zahnmaterial abgetragen", gibt Ratschew zu bedenken. Dasselbe Problem zeigt sich bei Kunststofffüllungen, deren einziger Vorteil in der Optik liegt.

Dieses Material hält fast ewig

Je nach Größe beläuft sich der Preis einer Kunststofffüllung auf 90 bis 150 Euro, wobei sich dieses Material sogar noch etwas schneller abnützt als Amalgam. "Die Krankenkasse setzt eine Haltbarkeit von zwei Jahren voraus. In der Regel halten sie aber länger. Erfahrungsgemäß vier bis fünf Jahre." Keramik- und Edelmetallfüllungen dagegen halten Jahrzehnte lang. Zwar kostet eine Füllung mehrere 100 Euro, "macht der Zahn keine Probleme, muss sie in der Regel aber auch nicht ausgetauscht werden."

Es macht also durchaus Sinn, auf Keramik oder Edelmetall - umgangssprachlich Gold genannt - zu setzen. Doch auch die, in deren Zahnreihen das silbergraue Amalgam glänzt, brauchen sich nicht zu sorgen. Zumindest nicht mehr als jene, die sich eine plombenfreie Optik per Kunststofffüllung erschummeln.

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