Alle gegen Ceta

Österreich ist in der Abwehrhaltung EU-weit allein auf weiter Flur. Warum?

Das umstrittene Handelsabkommen CETA mit Kanada hat diese Woche mehrere Hürden genommen. Am Montag stimmte die SPD in Deutschland dem umstrittenen Freihandelsabkommen mit Kanada grundsätzlich zu. In Österreich will die SPÖ dem Abkommen aber in der derzeitigen Form nicht zustimmen. Kanzler Kern bezeichnete das Handelsabkommen als "so nicht umsetzungsreif". Vergangene Woche gab es auch eine große Demonstration dagegen. Warum ist der Protest in Österreich so groß?

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Handelsabkommen - Alle gegen Ceta

Die österreichische Landwirtschaft ist bedroht, sagen die Bauern. Die Rechte der Arbeitnehmer sind in Gefahr, sagen die Gewerkschaften. Das Freihandelsabkommen nützt nur den Konzernen, sagen die Globalisierungsgegner. Die Umweltschutzstandards werden aufgeweicht, sagen Naturschutzorganisationen. Die Rechten fürchten um die Selbstbestimmung der Nationalstaaten, die Linken um die soziale Gerechtigkeit.

Ihre Argumente sind unterschiedlich, aber ihr Ziel ist das gleiche: Ceta, das Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Kanada, soll nicht unterzeichnet werden. Was mit dem Protest gegen den geplanten TTIP-Vertrag mit den USA begann, setzt sich nun bei der kanadischen Version fort.

Ungewöhnliche Allianzen

Es sind durchaus ungewöhnliche Allianzen, die sich im Widerstand gegen Freihandelsabkommen formieren. Doch die Ceta-Kritik ist in Österreich im Mainstream angekommen. "Bei diesem Thema finden sich alle guten Menschen dieser Erde an einem Ort zusammen, wo sie ein diffuses Gefühlt teilen: Da treffen sich ein bisserl Antikapitalismus, ein bisserl Gerechtigkeitsdenken, und ein bisserl traditionelle Illusionen", sagt der Grazer Soziologe Manfred Prisching.

Das gallische Dorf

Innerhalb der EU ist Österreich in dieser Sache das gallische Dorf. In anderen europäischen Ländern sieht man das Abkommen gelassener. Und wundert sich, warum ein sprödes Thema wie ein internationaler Vertrag in Österreich derart emotionalisiert. Einer Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung zufolge beeinflussen vor allem drei Faktoren die Einstellung eines Landes gegenüber transatlantischen Freihandelsabkommen: wie hoch das Vertrauen in Großunternehmen ist. Wie hoch das Vertrauen in EU-Institutionen ist. Und wie aktiv Anti-TTIP-Kampagnen von NGOs sind. In allen drei Punkten nimmt Österreich eine Sonderrolle ein.

Kein Zufall

Die Befürworter von Handelsabkommen vermuten, dass es kein Zufall ist, dass sich die Kampagnen von internationalen NGOs auf ein kleines Land wie Österreich konzentrierten: In den europäischen Institutionen hat das Veto eines kleinen Landes proportional mehr Gewicht. Und ihre Argumente gegen TTIP und Ceta fielen in Österreich auf fruchtbaren Boden. "In einem Land mit einem hoch entwickelten Sozialstaat besteht eher das Gefühl, dass etwas zurückgebaut wird", sagt Paul Schmidt, der Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik.

Weil der Verhandlungsprozess vor allem zu Beginn sehr intransparent war, wuchs das Misstrauen. Und es gab eine prominente Unterstützerin: Die "Kronen Zeitung" verschrieb sich von Anfang an dem Kampf gegen TTIP und Ceta.

Parteien ließen sich zu lange treiben

Zudem wächst mit der steigenden Renationalisierung die Skepsis gegenüber Freihandelsabkommen. Und weil Österreich von Klein-und Mittelunternehmen dominiert wird, gibt es eine ausgeprägte Skepsis gegenüber Konzernen. Dazu mischt sich ein allgemeiner Vertrauensverlust in die Politik, der die nationale und die europäische Ebene betrifft. "In Österreich wird die Europäische Union eher als Motor für die Globalisierung denn als eine Antwort darauf wahrgenommen", sagt Paul Schmidt. Auch die österreichische Regierung wusste lange Zeit keine Antworten. "Die Parteien haben sich zu lange von der öffentlichen Meinung treiben lassen, anstatt sie mitzugestalten", meint Hanno Lorenz vom liberalen Thinktank "Agenda Austria".

Das gesamte 1598 Seiten starke Handelsabkommen im Wortlaut finden Sie hier.

Kommentare

Roland Mösl

Ich betreibe gerade die parlamentarische Bürgerinitiative
"Investitionslawine lostreten - Wirtschaftsboom auslösen".

Die darin vorgeschlagene Steuerreform könnte zu klagen und hohen Strafzahlungen vor solchen Schiedsgerichten führen, die nur dazu da sind, die Herrschaft der Konzerne über die Regierungen durchzusetzen.

Der Bevölkerung kannst jeden Dreck verkaufen, Hauptsache die Politiker, Konzerne, Industrie kassieren auf Kosten unserer Gesundheit ab!!!! Die reinste Diktatur!!!!

Henry Knuddi

wenn wird nicht das platik-obst essen werden wir dann verklagt auf 100.000 milliarden dollar?

Man stimmt also "so nicht" zu.. wieder eine ganz klare Haltung zu.. nichts ;)

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