Akademikerball-Proteste: Josef S.
zu einem Jahr Haft verurteilt

Schuldspruch wegen Landfriedensbruchs, Körperverletzung und Sachbeschädigung

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Justiz - Akademikerball-Proteste: Josef S.
zu einem Jahr Haft verurteilt

Der Schöffensenat (Vorsitz: Thomas Spreitzer) hatte am Ende eines langwierigen Beweisverfahrens keine Zweifel an der Schuld des Angeklagten und bestätigte grundsätzlich die in der Anklage enthaltenen Vorwürfe der Staatsanwaltschaft. Dafür setzte es eine teilbedingte Freiheitsstrafe von einem Jahr. Vier Monate wurden unbedingt ausgesprochen, den Rest der Strafe sah das Gericht dem bisher Unbescholtenen unter Setzung einer dreijährigen Probezeit auf Bewährung nach.

Angeklagter kam nach dem Urteil frei

Da dem 23-Jährigen die U-Haft auf die Strafe anzurechnen war - der Angeklagte hatte seit seiner Festnahme knapp sechs Monate im Gefängnis verbracht -, kam er dreißig Minuten nach Schluss der Verhandlung auf freien Fuß. Im Beisein seiner Mutter und seiner Verteidigers Clemens Lahner verließ er in einem Taxi die Justizanstalt Josefstadt.

Dem erstinstanzlichen Schuldspruch zufolge soll der 23-Jährige mit einer Reihe namentlich nicht mehr feststellbarer Mittäter in gewaltbereiter Absicht an der Demonstration in der Wiener Innenstadt teilgenommen und dabei Anweisungen erteilt und gestikuliert haben. Er wurde folglich wegen "führender Beteiligung" am Landfriedensbruch schuldig erkannt.

Der Senat ging weiters davon aus, dass der Angeklagte Polizisten unter anderem mit Steinen beworfen, die Eingangstür der Polizeinspektion Am Hof mit einer Eisenstange zertrümmert und mit derselben Stange gemeinsam mit anderen Tätern die Karosserie und die Windschutzscheibe eines Polizeidienstfahrzeugs demoliert hatte, ehe er eine gezündete Rauchbombe ins Fahrzeuginnere warf. Allein das demolierte Polizeiauto soll einen Schaden von über 17.000 Euro verursacht haben.

Richter: "Zweck heiligt nicht die Mittel"

Der Richter billigte dem 23-Jährigen in seiner ausführlichen Urteilsbegründung zu, als "politisch denkender junger Mann" gehandelt zu haben: "Der Zweck heiligt aber nicht die Mittel." Er forderte den Studenten außerdem dazu auf, über die Folgen der von ihm gesetzten Handlungen nachzudenken. Die von einem kleinen Teil der Demonstranten vorgenommenen Gewalttätigkeiten hätten es "Rechtspopulisten" und "namhaften österreichischen Politikern", die am Akademikerball teilgenommen hatten, ermöglicht, "sich als die neuen Juden darzustellen" bzw. sich "als Unschuldslämmer und Opfer zu gerieren".

Am letzten Verhandlungstag waren noch etliche Polizisten zeugenschaftlich vernommen worden, die am Stephansplatz von Demonstranten unter Beschuss genommen worden waren. Sie wurden unter anderem von Feuerlöschern, Glasflaschen, Steinen und pyrotechnischen Artikeln getroffen. Ein Beamter wurde seiner Aussage zufolge "überrannt": Er sei "nach hinten geflogen" und "leicht verletzt" worden. Es habe "nur so geprasselt". Sein Helm habe "ein großes Loch" aufgewiesen: "Ich hab' schauen müsse, dass ich nicht untergehe."

Nur ein einziger Belastungszeuge

Mit Ausnahme eines zu Erkundungs- und Beobachtungszwecken eingesetzten Zivilpolizisten hatte allerdings kein Polizist gegen den 23-Jährigen ausgesagt. Es sei nicht möglich gewesen, in dem Tumult einen Angreifer zu identifizieren, so der Grundtenor der zuletzt befragten Einsatzkräfte. Dem Beamten in Zivil war der deutsche Student nicht zuletzt infolge eines markanten Sweaters mit der Aufschrift "Boykott" aufgefallen. Er gab an, den jungen Mann während der Demonstration mehrfach bei gewalttätigem Handeln beobachtet zu haben.

Das Gericht fand diesen Zeugen "vollkommen glaubwürdig". "Es gibt keinen Grund, warum er Sie zu Unrecht beschuldigen soll", meinte der Vorsitzende zum verurteilten Studenten. Dem Beamten sei es "nicht darum gegangen, jemanden einzutunken". Dass es in seinen Aussagen unterschiedliche Angaben gab und diese nicht zur Gänze mit jenen von zwei anderen zivilen Aufklärungskräften übereinstimmten, fand der Richter "nachvollziehbar und logisch", zumal der Beamte unter Stress gestanden sei. Insofern handle es sich um "kleine Widersprüche, die total unbedenklich waren".

Anwälte: Urteilsbegründung "nicht nachvollziehbar"

Die Anwälte von Josef S. sahen das Urteil mit einem "lachenden und weinenden" Auge, wie Anwalt Clemens Lahner bei einer Pressekonferenz sagte. Positiv sah er, dass der Anklagepunkt der absichtlich schweren Körperverletzung fallen gelassen wurde. Die Begründung des Gerichts für das Urteil könne Lahner aber "nicht ganz nachvollziehen". Ob man in Berufung geht, wird am Freitag bekannt gegeben. Der Staatsanwalt verzichtete auf Rechtsmittel.

In sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter gingen unmittelbar nach dem Urteilsspruch die Wogen hoch. Vor allem die Urteilsbegründung des Richters ist stark umstritten. Spreitzer habe das Rechtsprinzip "im Zweifel für den Angeklagten" in sein Gegenteil verkehrt, so der Tenor der Kritik.

Scharfer Protest von SPÖ und Grünen

Auch von Seiten der Politik hat das Urteil für zahlreiche empörte Reaktionen gesorgt. Die SPÖ-Jugendorganisationen sahen ebenso wie ÖH und Bundesjugendvertretung einen Skandal. SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim teilte mit, er sei "gelinde verwundert" über den Prozessausgang. Er übte einmal mehr Kritik an der langen U-Haft für den Angeklagten und bekräftigte seine Forderung, den Tatbestand des Landfriedensbruchs und dessen Anwendung justizpolitisch zu diskutieren.

Der Grüne Justizsprecher Albert Steinhauser sieht die Unschuldsvermutung abgeschafft. "Mit diesem Verfahren ist der Eindruck entstanden, dass sich Beschuldigte in Österreich frei beweisen müssen, was nie gelingen kann", kritisierte er. Die Anwendung des Landfriedensbruch-Paragragfen sei eine "massive Gefahr", der Richter habe sich in seiner Urteilsbegründung einer "Mutmaßung" bedient. "Ein Strafparagraph, der einen derartigen Interpretationsspielraum für die Strafbarkeit zulässt, ist gefährlich".

ÖVP und FPÖ applaudieren

Applaus kam indes aus der Wiener ÖVP. Juraczka sah das Urteil als "ein positives Zeichen dafür, dass Gewalt nicht toleriert wird und die Verursacher schlussendlich zur Verantwortung gezogen werden". Den Kritikern schrieb er "ins Stammbuch", dass der Rechtsstaat für alle gelte. Der Wiener FPÖ-Landessekretär Hans-Jörg Jenewein sprach von einem "Sieg des Rechtsstaates". Das Gericht habe sich nicht der "linken Meinungshetze" gebeugt, freute er sich. Sowohl Juraczka als auch Jenewein kritisierten die SP-Jugendorganisationen und die ÖH für ihre Unterstützung des Angeklagten.

Kommentare

Kommt halt immer drauf an aus welchem Lager die Täter/Opfer kommen !!
Wenn es ein radikaler Rechter wäre,hätte er für die selbe Tat mindestens 10 Jahre unbedingt kassiert und für Rot/Grün wäre es dann immer noch zu wenig Strafe...........man sehe sich auch nur den Anwalt von Josef S. an......mit so einem Zopf sollte der unterirdisch gehen.....

RobOtter

Das ist halt ein Rechtsstaat: Vergewaltiger 5 Monate bedingt - Mülltonnenumschubbser 1 Jahr unbedingt

Sauberes Urteil! Allerdings dürfte der nützliche Idiot S. ohnehin nichts daraus lernen.

bushmaster

Bisher Unbescholtenen ,aber nur in Österr.

Wann werden die Richter für solche Delikte endlich ordentliche Strafen vergeben? Die lachen sich doch ins Fäustchen! Wie hoch war der Sachschaden, den diese Individuen angerichtet haben? Und dafür geht der jetzt wieder frei? Eine Schande ist das!

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