Heim oder Heimhilfe?
10 Fragen zur Altenpflege

Welche Pflege- und Betreuungsangebote es gibt und wer die Kosten übernimmt

Heim oder Heimhilfe, betreutes Wohnen oder zu Hause wohnen? Und was kostet das alles? Das Thema ist komplex. Ein Überblick:

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Alt werden - Heim oder Heimhilfe?
10 Fragen zur Altenpflege

1. Welche Pflege- und Betreuungsangebote gibt es?

Die Möglichkeiten lassen sich grob in vier Kategorien zusammenfassen. 1. Mobile Pflege-und Betreuungsleistungen: Die Betreuungs- oder Pflegefachkraft kommt ins Haus. Derzeit nehmen dieses Service in Österreich 145.723 Patienten in Anspruch. 2. Teilstationäre Pflege-und Betreuungsleistungen: Der Kunde lebt zu Hause und besucht eine Einrichtung, etwa ein Tageszentrum. Das tun derzeit 7426 Menschen. 3. Wohnund Pflegeleistungen: Der Kunde lebt in einer betreuten Wohnanlage, hat dort ein eigenes Zimmer, das er zumeist selbst einrichten kann. Für die Aufnahme in ein Pflegeheim ist in der Regel zumindest Pflegestufe 3 erforderlich, meist gibt es hier Mehrbettzimmer. Insgesamt leben 75.632 Personen in einer Einrichtung. 4. Pflegende Angehörige: Derzeit werden rund 300.000 Menschen zu Hause von Angehörigen, mit Unterstützung durch andere Personen und mobile Dienste, betreut.

2. Wer übernimmt die Kosten bei stationärer Pflege?

In erster Linie der Pensionist selbst. Bei öffentlichen Institutionen ist dies einheitlich durch das Bundespflegegeldgesetz und die Sozialversicherungsgesetze geregelt. Das bedeutet: 80 Prozent aus Rente und Pflegegeld erhält die Einrichtung, 20 Prozent der Pension plus 45,20 Euro des Pflegegelds bleiben dem Bewohner. Das sonstige Vermögen wird ebenfalls herangezogen bis auf einen Freibetrag, dessen Höhe in den Bundesländern variiert -in Wien sind es rund 4000 Euro. Können die entstehenden Kosten nicht gedeckt werden, zahlen Länder, Gemeinden oder ein Sozialhilfeträger den Rest dazu. In einigen Bundesländern werden Familienangehörige zur Kasse gebeten. In Wien sind Eheleute und eingetragene Partner mit bis zu 30 Prozent ihres Einkommens unterhaltspflichtig. Kinder können österreichweit nicht zur Zahlung von Pflegekosten im stationären Bereich herangezogen werden. Wer keine Angaben zu Einkommen und Vermögen machen will, muss die Kosten zur Gänze selbst übernehmen.

3. Welche Kosten entstehen bei der mobilen Pflege?

Je nach Betreuungsform können Stundensätze von rund 20 bis 25 Euro entstehen. Das Spektrum reicht vom Besuchsdienst, der bei Erledigungen hilft, über die Heimhilfe, die bei der Haushaltsführung und bei Verrichtungen des täglichen Lebens unterstützt, bis zur medizinischen Hauskrankenpflege durch diplomierte Krankenpfleger sowie zur 24- Stunden-Betreuung durch Personen, deren Ausbildung etwa der von Heimhelfern entsprechen muss. Finanzielle Förderungen sind abhängig vom Einkommen des Betroffenen, der Pflegestufe und den Mietkosten. Für eine 24-Stunden- Betreuung sind zum Beispiel zwischen 275 Euro und 1100 Euro an monatlichen Zuschüssen möglich, Voraussetzung sind zumindest Pflegestufe 3 und ein Einkommen bis 2500 Euro netto monatlich. Für jeden unterhaltsberechtigten Angehörigen erhöht sich die Einkommensgrenze.

4. Welche Möglichkeiten haben pflegende Angehörige ?

Mit 1. Jänner 2014 wurden die Pflegekarenz, die Pflegeteilzeit und das Pflegekarenzgeld eingeführt. Um in Karenz gehen zu können, muss der Pflegebedarf eines nahen Angehörigen zumindest Pflegestufe 3 betragen. Bei der Pflege von an Demenz erkrankten Menschen ist eine Pflegekarenzvereinbarung ab der Pflegegeldstufe 1 möglich. In der Zeit der Karenz bezieht der Arbeitnehmer Pflegekarenzgeld in der Höhe des Arbeitslosengelds und ist kranken-und pensionsversichert. Außerdem besteht ein sogenannter Motivkündigungsschutz, das bedeutet, dass keine Kündigung aufgrund der Pflegetätigkeit erfolgen kann. Hauptpflegepersonen können jährlich zwischen 1200 Euro und 2200 Euro erhalten, um eine Pflegekraft zu bezahlen, die sie vertritt. Angehörige, die pflegebedürftige Kinder und Jugendliche sowie demenzkranke Menschen betreuen, sollen ab 2017 jährlich zusätzlich 300 Euro erhalten.

5. Mit welchen Wartezeiten ist zu rechnen?

Das ist in den Ländern unterschiedlich geregelt. Generell kann mobile Pflege rasch in Anspruch genommen werden, zum Beispiel nach der Entlassung aus dem Spital. In der stationären Pflege, also beim betreuten Wohnen oder in Pflegeheimen, hängen die Wartezeiten von der Dringlichkeit, dem Zeitpunkt der Anmeldung sowie von speziellen Wünsche ab. Wer zum Beispiel in ein bestimmtes Haus ziehen will, muss unter Umständen monatelang warten, bis ein Zimmer oder eine Wohnung frei wird.

6. Muss der Pensionist mit allem einverstanden sein?

Ja. Sollte jemand nicht mehr in der Lage sein, für sich selbst zu sorgen, zum Beispiel wegen einer Demenzerkrankung, kann ein nächster Angehöriger die Vertretung übernehmen. Das bedeutet dann auch, über die Pflege des Patienten entscheiden zu dürfen. Eine solche Vertretungsbefugnis stellt der Notar aus. Mit einer Vorsorgevollmacht ist es für Betroffene schon vor dem Verlust der Geschäftsfähigkeit möglich, einen Bevollmächtigten per Notar zu bestimmen. Alternative ist ein Sachwalter.

7. Welche Voraussetzungen gelten für Förderungen?

Leistungen stehen grundsätzlich nur Personen mit österreichischer Staatsbürgerschaft und gleichgestellten Fremden offen. Außerdem ist der Hauptwohnsitz, Lebensmittelpunkt oder tatsächliche Aufenthalt in der Stadt oder dem Bundesland nachzuweisen, wo die Leistungen beantragt werden.

8. Woran erkenne ich eine gute Einrichtung?

Das Angebot in den einzelnen Bundesländern ist sehr unterschiedlich, darum ist es wichtig, sich vor Ort selbst ein Bild zu machen. Für den stationären Bereich verleiht das Sozialministerium seit 2013 das Nationale Qualitätszertifikat für Alten-und Pflegeheime (NQZ). Ausgezeichnet werden Einrichtungen, die sich besonders um die Lebensqualität der Bewohner bemühen und dem Personal gute Arbeitsbedingungen bieten. Das NQZ gilt für drei Jahre, dann wird neu überprüft (www.nqz-austria.at).

9. Wie wird die Pflegestufe festgestellt?

Ein Arzt oder eine diplomierte Pflegefachkraft erstellt ein Gutachten. Dafür wird der Pflegebedürftige untersucht und befragt, auch mit Betreuungs- oder Vertrauenspersonen wird gesprochen. Die Entscheidung, welche Pflegestufe zuerkannt wird, trifft dann die Behörde beziehungsweise ein Jurist. Manche körperliche Beeinträchtigungen sind gewissen Pflegestufen fest zugeordnet, etwa bestimmte Grade von Sehbehinderung oder Querschnittslähmung. Personen mit Stufe 1 haben mehr als 65 Stunden Pflegebedarf im Monat, jene mit Pflegestufe 7, das ist die höchste, haben einen Pflegebedarf von mehr als 180 Stunden und sind praktisch bewegungsunfähig. Die finanziellen Zuschüsse zahlt bei Pensionisten die Pensionskasse aus, und zwar wie folgt: Stufe 1: 157,30 Euro, Stufe 2: 290 Euro, Stufe 3: 451,80 Euro, Stufe 4: 677,60 Euro, Stufe 5: 920,30 Euro, Stufe 6: 1285,20 Euro, Stufe 7: 1688,90 Euro.

10. Wo bekomme ich genauere Auskunft?

Informationen vom Sozialministerium: Montag bis Freitag von 8 bis 16 Uhr: Tel. 01/711 00-86 22 86; buergerservice@sozialministerium.at. Informationsmaterial zu diversen Themen gibt es beim Broschürenservice: Tel. 01/711 00-86 25 25; broschuerenservice@sozialministerium.at. Es ist ratsam, sich direkt bei den zuständigen Stellen der Landesregierungen zu erkundigen, welche Pflegeangebote es im betreffenden Bundesland gibt und mit welchen Kosten und Unterstützungsleistungen zu rechnen ist. Auch bei den jeweiligen Pflegeeinrichtungen selbst können hilfreiche Informationen erfragt werden.

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